Dienstrad: So finden Unternehmen den richtigen Anbieter und implementieren das Dienstrad erfolgreich
In den letzten Jahren hat das Dienstrad an Attraktivität gewonnen und ist ein wichtiger Baustein der Mitarbeitermobilität. Der Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF) schätzt, dass aktuell ca. 340.000 Diensträder auf deutschen Straßen unterwegs sind. Nicht zuletzt durch die steuerliche Begünstigung nimmt die Anzahl an Fahrrädern jedes Jahr stark zu.
Der Umweltaspekt und die damit verbundene Nachhaltigkeit spielen ebenfalls eine große Rolle. Unternehmen können durch das Angebot von Diensträdern nicht nur ihre Umweltbilanz verbessern, sondern auch die Mitarbeiterbindung erhöhen und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter fördern. Dabei wollen viele Unternehmen am liebsten so schnell und unkompliziert wie möglich ein Dienstrad Programm für Ihre Mitarbeiter anbieten.
Doch geht das so einfach, wie findet man den richtigen Anbieter, was sollte man als Unternehmen unbedingt beachten und wer ist für den Aufbau und die Implementierung zuständig? In diesem Artikel geben wir Antworten auf diese Fragen und beleuchten weitere Aspekte, die zur langfristig erfolgreichen Implementierung eines Dienstrad Programms notwendig sind.
Vor dem Start
Wer ist zuständig? Personalabteilung oder Fuhrparkmanagement? Oder ein Mix aller Abteilungen?
Zur Einführung eines Dienstrad Programms im Unternehmen müssen die Zuständigkeiten von vornherein geklärt werden. In der Praxis findet man häufig die Konstellation vor, dass sich die Personalabteilung um das Thema Dienstrad kümmert.
Vom Grundgedanken ist das naheliegend, da das Programm oft als Mitarbeiter-Benefit oder zur Mitarbeitergewinnung angesehen wird. Aber was ist, wenn das Programm weit mehr als ein Anreizinstrument darstellt? Zwar steht bei vielen Firmen die private Nutzung im Vordergrund, doch die dienstliche Nutzung lässt sich nicht verhindern oder ausschließen.
Und hier kommen unter anderem die Fuhrpark-/Mobilitätsmanager ins Spiel: Die meisten Mitarbeiter setzen das Dienstrad neben der Privatnutzung nur für das Pendeln von Wohnort zum Unternehmen ein, was ebenfalls eine Privatnutzung darstellt. Doch die Erfahrung zeigt, dass mittlerweile viele Außendienstler, die in Metropolen oder Ballungsräumen ihre Kunden besuchen, das Dienstrad als mögliche Ergänzung zum Auto nutzen und sich damit eine Menge Stress durch die Vermeidung von Staus und die oft mühselige Parkplatzsuche ersparen.
Damit wird das Rad dienstlich genutzt und es kommt der Arbeitsschutz und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ins Spiel. Spätestens jetzt fällt das Projekt Dienstrad in die Verantwortung von Personalabteilung, Fuhrpark-/ Mobilitätsmanager und der Fachkraft für Arbeits-/Umweltschutz. Allein diese drei Abteilungen reichen bei Weitem jedoch oftmals noch nicht aus. Daher die Empfehlung, eine Projektgruppe mit allen im Unternehmen vorhandenen, relevanten Fachrichtungen (u.a. Rechtsabteilung, Finanzen) zu bilden.
Welche Ziele möchte das Unternehmen mit dem Dienstrad Programm verfolgen?
Unterschiedliche Abteilungen haben oft unterschiedliche Ziele, die mit dem Dienstrad Programm verfolgt werden sollen. Wie bereits erwähnt, kann die Personalabteilung das Ziel haben, das Programm als Anreizinstrument, also als Benefit oder zur Mitarbeitergewinnung, zu nutzen, während bspw. die Finanzabteilung und/oder das Fuhrparkmanagement das Ziel haben, Kosten einzusparen und Dienstfahrzeuge abzubauen.
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit/Umweltschutz sieht hingegen vielleicht die Vorteile bei der Reduzierung der Umweltbelastung durch den Einsatz von Dienstrads und die Chance, die Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern. Oft haben die Abteilungen gemeinsame Ziele, die man verfolgen möchte, jedoch manchmal auch gegensätzliche Ziele. Es ist daher vor dem Projektstart unerlässlich, dass die Ziele der verschiedenen Abteilungen eindeutig definiert und auch kommuniziert werden, um ein Dienstrad Programm erfolgreich zu implementieren. Es ist außerdem unerlässlich, eine Entscheider:in oder ein Entscheider:innen Gremium zu bestimmen, damit bei unterschiedlicher Meinung das Projekt dennoch vorangetrieben werden kann.
Das Projekt
Die Planungsphase
Viele Manager:innen kennen die Situation, dass oftmals ein Projekt am besten schon gestern implementiert sein sollte. Doch gerade die rechtliche und auch finanzielle Auswirkung eines Dienstrad Programms auf das Unternehmen und der Aufwand zur Implementierung wird völlig unterschätzt. Daher ist die Planungsphase die entscheidende Phase und der Grundstein für den Erfolg.
Die Zuständigkeiten sowie die Ziele sind vereinbart und dienen als Grundlage für den Projektplan. Innerhalb des Projektplans ist der Projektumfang festzulegen, die notwendigen Ressourcen zu identifizieren, ein Zeitplan zu erstellen, Risiken zu erkennen und zu bewerten, sowie die Genehmigungs- und Kommunikationsstruktur festzulegen. Nicht selten beinhalten Projektpläne über 80 Projektschritte, die es abzuarbeiten gilt.
Der Anbieter-Dschungel: Die Suche nach dem richtigen Partner
Um den richtigen Anbieter zu finden, ist es wichtig sich in der Tiefe mit den Besonderheiten eines Dienstrads zu beschäftigen. Dazu zählen neben den arbeits- und (steuer-) rechtlichen Vorschriften, auch Vorgaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und des Versicherungsrechts. Die am Markt vorhandenen Anbieter bieten i.d.R. eine Unterstützung und Hilfe an. Wenn man die Webseiten der Anbieter betrachtet, so stellt man fest, dass diese auf den ersten Blick ähnlich sind. Die Unterschiede liegen im Detail. Hier ein erster Überblick, worauf es ankommt:
Die Art des Unternehmens des Anbieters – ist es ein Dienstleister, eine Leasinggesellschaft oder ein Unternehmen, das zu einem Verband gehört? Die Auswirkung zeigt sich sodann vor allem im rechtlichen Umfeld und den notwendigen Vertragskonstellationen.
Auswahlmöglichkeiten – wie viele Arten von Diensträdern (bspw. klassisches Fahrrad, Mountainbike, Rennrad, Pedelec oder e-Bike), Marken, Modellen werden angeboten? Wir groß und geografisch verteilt ist die Anzahl von Händlern (offline und online)? Hier sollte eine möglichst breite Auswahl mit geringen Einschränkungen gegeben sein.
Ein grundlegender Unterschied ist vor allem auch im Handling des Programms zu suchen. Wir alle haben in der heutigen Welt oft keine Zeit für zusätzliche Aufgaben und/oder Ressourcen im Unternehmen. Daher ist es wichtig, dass der Anbieter eine möglichst einfache und onlinebasierte Abwicklung anbietet. Es empfiehlt sich, die Prozesse vor der Wahl des Partners zu prüfen und/oder einmal in einem „Test“ durchzuspielen, um den Aufwand zu verstehen.
Versicherungsklauseln – alleine hier könnte man einen eigenen Artikel nur zum Thema Versicherungsklauseln schreiben. Die Anbieter unterschieden sich hier am deutlichsten voneinander. Einige wichtige Aspekte sind weiter unten im Artikel aufgeführt.
Neben den oben genannten Aspekten muss das Projektteam bei der Auswahl des Anbieters darauf achten, dass dieser eine solide Finanzbasis zu Grunde liegen hat und die Vertragsbedingungen äußerst transparent sind. Um eine solide und fundierte Auswahl zu treffen, wird man um eine Ausschreibung in der Regel nicht herumkommen.
Versicherungsklauseln: Der Teufel steckt im Detail
Vermutlich gehören die Versicherungsbedingungen zu den wichtigsten Regelungen, die mit einem Dienstrad Anbieter vereinbart werden müssen. Häufig ist bei den Regeln allerdings kein, bzw. kaum Verhandlungsspielraum. Unternehmen sollten vor allem darauf achten, dass die Diensträder ausreichend versichert sind und die Versicherungsklauseln transparent sind. Ärgerlich wäre es, wenn man bei einem Schaden leer ausgeht, weil man die Bedingungen nicht gekannt und daher nicht eingehalten hat. Z.B. haftet Anbieter A bei Diebstahl nur, wenn das Dienstrad mit einem Markenschloss angekettet war, während Anbieter B nur dann haftet, wenn das Dienstrad mit einem Markenschloss einer vorgegebenen Marke verschlossen war.
Eine kleine Auswahl an wichtigen Klauseln, die geprüft werden müssen, besteht aus:
- Diebstahl und/oder Vandalismus
- Beschädigungen
- Versicherungssummen
- Geltungsbereiche
- notwendige Sicherheitsvorkehrungen
In Ausschreibungen kann man sehr schnell bis zu 300 verschiedene Punkte/Klauseln abfragen, um das Angebot der Anbieter miteinander vergleichen zu können und dadurch den richtigen Anbieter zu finden.
Ausschreibung, ja oder nein?
Es wird häufig seitens der Geschäftsleitung erwartet, das Projekt Dienstrad zügig zu implementieren. Je nach Konstellation fallen für das Unternehmen selbst kaum Kosten an (sondern für den Arbeitnehmer), weswegen eine Ausschreibung umgangen werden könnte. Aufgrund der Risiken, die das Projekt Dienstrad im Kleingedruckten birgt, beantworten wir die Frage nach der Sinnhaftigkeit zu einer Ausschreibung ganz eindeutig mit „Ja“. Dabei geht es vor allem darum, den Anbieter mit der richtigen Qualität zum richtigen Preis zu finden, der zu meinem Dienstrad Konzept passt. In der Praxis spielt es eine große Rolle, dass die eingereichten Angebote miteinander vergleichbar und somit auswertbar sind. Dies bedeutet, dass im Rahmen des Projektplans ein ausreichender Zeitraum für die Erstellung der Unterlagen, die Einladung der Anbieter, die Versendung der Ausschreibungsunterlagen, die Abgabeperiode sowie die Auswertung der eingegangenen Angebote und damit die Auswahl des Anbieters einzuplanen ist. In der Praxis zeigt sich hier ein Zeitraum von 3-4 Monaten als realistisch.
Verträge: Ein notwendiges Übel oder Nice-to-have?
Es kommt immer auf die Perspektive an. Verträge bilden nun einmal in der Geschäftswelt die Grundlage und können mit der richtigen Formulierung und Gestaltung dem Unternehmen deutlich nutzen und sind daher auch ein Nice-to-have. Vor allem ein Dienstrad Überlassungsvertrag zwischen Unternehmen und Mitarbeiter sowie eine Dienstrad Richtlinie sind absolut notwendig. In diesen beiden Dokumenten sind die Bedingungen für die Nutzung des Dienstrads, die Verantwortlichkeiten, sowie Rechte und Pflichten zu klären. Der Abschluss eines Rahmenvertrages mit dem Dienstrad Anbieter ist wiederum optional, da für jedes einzelne Dienstrad noch ein individueller Vertrag abgeschlossen wird. Wir empfehlen dennoch, besonders wenn Sie sich die Mühe einer Ausschreibung gemacht haben, die (vereinbarten) Rahmenbedingungen transparent zu fixieren.
Somit können die entsprechenden Verträge dazu beitragen, das Programm für alle Beteiligten transparent und fair zu gestalten sowie die Vorteile für die Mitarbeiter und das Unternehmen darzustellen.
Die Implementierung des Dienstrads
Hurra – es ist soweit! Doch wie gelingt die Mitarbeitermotivation und Kommunikation?
Nachdem alle Herausforderungen des Projekts gemeistert worden sind, gilt es die Mitarbeiter über das Programm zu informieren und zur Teilnahme zu motivieren. All die Mühen lohnen sich nur, wenn den Mitarbeitern die Vorteile des Dienstrad Programms erfolgreich nähergebracht werden und diese ein Dienstrad ordern. Zu den Anreizen kann neben der Zahlung des Dienstrads Programms aus dem Gehalts-Brutto des Mitarbeiters im Rahmen einer Gehaltsumwandlung auch ein Zuschuss durch das Unternehmen, sowie mögliche Bonusprogramme gehören (bspw. Zuschuss zur Rate des Dienstrads bei der Wahl eines kostengünstigen oder besser noch umweltfreundlicheren Dienstwagens).
Eine interne Kommunikationskampagne ist dabei ein Muss, um das Dienstrad-Programm bekannter zu machen und die Mitarbeiter zu motivieren. In der Regel unterstützen die Anbieter bei solchen Kampagnen und stellen eine eigene Landingpage für Unternehmen zur Verfügung.
Fazit
Das Dienstrad ist in aller Munde und die Nachfrage danach steigt stetig an. Um ein Dienstrad Programm im Unternehmen zu implementieren, benötigt es eine Menge an Ressourcen und Knowhow. Es ist auf keinen Fall einfach so „nebenbei“ gemacht. Ein Zeithorizont von 6-9 Monaten bis zur Einführung ist in der Regel als realistisch anzusehen. Selbstverständlich kann es je nach Ressourcen auch schneller gehen. Doch der Aufwand lohnt sich: Eine gelungene Einführung eines Dienstrad Programms ist nicht nur für alle Beteiligten ein Gewinn, sondern auch für unsere Umwelt.
Speziell für die Leser unseres FLEETMAGs stellt Herr Schuh einen Projektplan für die Einführung eines Dienstrad Programms zur Verfügung. Profitieren Sie von seiner Expertise und treten Sie gerne direkt mit ihm unter info@alexander-schuh.com in Kontakt.
Der Autor:
Alexander Schuh ist langjähriger Mobilitätsexperte und zählt mit seinem Team zu den führenden Beratern der betrieblichen Mobilität. Er berät zahlreiche Firmen bei der Weiterentwicklung zu nachhaltigen Mobilitätsprogrammen. Neben der Einführung von E-Mobilität stehen besonders die Aktualisierung und Neuausrichtung von Dienstwagenrichtlinien, Mobilitätskonzepten und auch die Implementierung von Dienstrad Programmen im Vordergrund. Zu seinen Mandanten zählen Firmen mit Fuhrparks von bis zu mehreren Tausend Fahrzeugen in ganz Europa genauso wie Mittelständler mit kleineren Fuhrparks.