CO2-Reporting für Unternehmen ist ein wichtiger Bestandteil zur Klimaneutralität. Fuhrpark-Coach Alexander Schuh gibt in einem Deep Dive Einblick, worauf Unternehmen achten müssen.
Wir leben in Zeiten des zunehmenden Bewusstseins für Umwelt- und Klimaschutz. Das Wort Klimaneutralität ist in aller Munde. Weltweit erlassen Regierungen Gesetze und Verordnungen, um die Emissionen zu reduzieren. Dabei gelten eine Vielzahl von Regelungen – unter anderem sind in der EU die Vorgaben im Rahmen der Corporate Social Governance (CSG), der Environmental, Social and Governance (ESG-Regelungen) und des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) zu beachten. Die darin enthaltenen Pflichten sind zum Teil noch unbekannt.
Vor allem kleine bis mittelgroße Unternehmen sind sich nicht darüber bewusst, was die Regelungen für sie bedeuten und welche Konsequenzen durch die Nichtbeachtung entstehen können. Direkt können von den Behörden Bußgelder verhängt werden. Indirekt drohen negative wirtschaftliche Auswirkungen: Der schlimmste (und wahrscheinlichste) Fall ist, dass das eigene Unternehmen nicht mehr als Zulieferer oder Partner innerhalb der Lieferkette berücksichtigt wird und wertvolle Aufträge verloren gehen.
Wie soll in diesem „Dickicht“ an Regelungen der Überblick behalten werden?
Sie werden nicht daran vorbeikommen, sich mit den Regelungen selbst zu beschäftigen und die für Ihr Unternehmen individuell relevanten Vorgaben für die eigene betriebliche Mobilität zu identifizieren. Eine grundlegende Pflicht für Ihr Nachhaltigkeitsmanagement – basierend auf den EU-Vorgaben – ist das Reporting von Treibhausemissionen. Wie Sie hier sinnvoll vorgehen können, zeigen wir Ihnen nachfolgend auf:
Im Rahmen der EU-Richtlinien werden die Emissionen in die sogenannten Scope 1 bis 3 kategorisiert. Die Ergebnisse sind in einem Umweltbericht zusammenzufassen und je nach Unternehmensgröße zukünftig zu melden. In Scope 1 sind die direkten Emissionen zu erfassen, dazu gehören die geschäftlich gefahrenen Kilometer aller Mitarbeiter:innen. Scope 2 behandelt die indirekten Emissionen, die aus eingekaufter Energie (bspw. Strom, Gas) intern verbraucht werden. Dies spielt vor allem im Rahmen der E-Mobilität eine große Rolle, da der Strom, der durch die elektrischen Dienstfahrzeuge verbraucht wird, zu reporten ist. Scope 3 ist dabei etwas kniffeliger, da die Daten den Unternehmen in den meisten Fällen heute noch unbekannt sein dürften: Parallel zu Scope 2 geht es hierbei um indirekte Emissionen, allerdings müssen jene erfasst werden, die aus externen Quellen stammen, die nicht im Besitz oder unter der Kontrolle des Unternehmens sind. Im Falle der betrieblichen Mobilität bedeutet das, dass die Emissionen der Fahrten von und zur Arbeit (Pendelverhalten) sowie von Geschäftsreisen der Mitarbeiter:innen untersucht, erfasst und berichtet werden müssen.
Wie stellt das Fuhrparkmanagement sicher, dass die richtigen Daten vorliegen und eine entsprechende Reportingstruktur geschaffen wird?
Schritt 1: Hier gilt es alle von Emissionen betroffenen Bereiche zu identifizieren, für die ein:e Mobilitätsmanager:in zuständig ist. Dazu gehört in erster Linie die firmeneigene Fahrzeugflotte, angefangen vom Dienstrad (bspw. für Scope 2 – verbrauchte Energie) über den PKW bis hin zu Nutzfahrzeugen. Im Rahmen von Scope 3 sind das Pendelverhalten sowie die Geschäftsreisen zu beachten.
Anmerkung des Autors: hier wird wieder einmal deutlich, dass Reisen und Fuhrpark zusammenhängen. Die Transformation vom Fuhrpark- zur:m Mobilitätsmanager:in ist zukunftsweisend. Damit einhergehend sollte ein „Mobilitätsbudget“ zur Nutzung aller Mobilitätsmöglichkeiten des Unternehmens eingeführt werden.
Schritt 2: In diesem Stadium ist es unerlässlich, einen Standardprozess sowie feste Reportingstrukturen gemäß den nationalen und internationalen Vorgaben aufzubauen. Dazu zählen das Sammeln von Daten und die Erarbeitung eines einheitlichen Reportings. Hierbei kann man auf unterschiedliche Datenquellen zurückgreifen wie bspw. Fahrzeugdaten, Kraftstoffverbräuche, zurückgelegte Kilometer usw. Als sehr nützlich haben sich in diesem Bereich Telematiksysteme erwiesen, da die Generierung und Einspielung der Daten in die unternehmenseigenen Systeme automatisch erfolgt und keiner manuellen (fehleranfälligen und ressourcenverbrauchenden) Tätigkeit unterliegen. Leider ist der Einsatz von Telematik noch immer negativ besetzt und bereitet Betriebsräten regelmäßig Sorge in Bezug auf Missbrauch. Dies ist ein valider Punkt, der in offenen Gesprächen mit der Geschäftsleitung adressiert und entsprechenden Betriebsvereinbarungen gelöst werden muss. Denn die im Fahrzeug verbauten Telematiksysteme bringen nicht nur dem Unternehmen Vorteile, sondern erhöhen auch die Sicherheit der Fahrzeugnutzer. Dies ist aber ein anderes Thema.
Schritt 3: Nachdem die Daten erhoben und erfasst worden sind, ist eine Dokumentation der Emissionen vorzunehmen. Dabei wird der sogenannte CO2-Fußabdruck der direkten und indirekten Emissionen dargestellt. Der Bericht enthält detaillierte Informationen über den Gesamtausstoß, bspw. aufgeschlüsselt nach Fahrzeugtypen oder Abteilungen.
Schritt 4: Oft wird die Aufgabe mit Beendigung des Schritt 3 als erledigt empfunden. Ein wichtiger Aspekt erfolgreicher und ernstzunehmender Go-Green Initiativen ist allerdings die Analyse der Daten. Hier kann es hilfreich sein, eine Baseline festzulegen, um Vergleiche vorzunehmen und Veränderungen zu messen. Diese Baseline ist häufig in der Vergangenheit angesiedelt und dient als Ausgangspunkt für die Messung zur Reduzierung der Emissionen. Es lässt sich kontrovers darüber diskutieren, welche Baseline die richtige ist: Durch die Einflüsse von COVID-19 auf die gefahrenen Kilometer in den letzten Jahren und die gleichzeitige Umstellung von NEFZ- auf das WLTP-Verfahren könnte es sinnvoll sein, eine Baseline vor dieser Zeit zu finden und die damaligen Werte auf einen Nenner zu bringen. Dies ist im Rahmen der Richtlinien individuell im Unternehmen und den relevanten Gremien zu entscheiden.
Schritt 5: Auf Basis der gewonnenen Daten gilt es nun Ziele und Maßnahmen bezüglich Optimierung abzuleiten und diese kontinuierlich zu überwachen. Das oberste Ziel ist die Reduzierung von Emissionen bis hin zu vollständiger Klimaneutralität der betrieblichen Mobilität. Ein Schritt könnte die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf E-Motoren bzw. der Austausch von älteren Fahrzeugen auf umweltfreundlichere Fahrzeuge sein. Mobilitätsmanager:innen können jedoch auch ohne die Umstellung auf E-Mobilität den CO2-Fußabdruck durch eine Reihe von Maßnahmen reduzieren: Durchführung eines dauerhaften Spritspartrainings (oder auch Wettbewerbs), Einführung eines (dynamischen) CO2-Limits, Reduktion der Motorenleistung etc.
Fazit: Im Rahmen der betrieblichen Mobilität hat ein:e Mobilitätsmanager:in zahlreiche Aufgaben zu erfüllen. Neben der Erfassung und Berichterstattung über die Emissionen der betrieblichen Mobilität gilt es gemeinsam im Unternehmen definierte Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, im besten Fall die Null-Emission. Hinsichtlich der Zielerreichung gibt es kein Patentrezept, das für alle Unternehmen angewendet werden kann. Für Ihren Weg dorthin können Sie sich jedoch an standardisierten Prozessen, wie oben beschrieben, orientieren.
Speziell für die Leser unseres FLEETMAG steht Herr Schuh für erste Fragen kostenneutral zur Verfügung. Profitieren Sie von seiner Expertise und treten Sie gerne direkt mit ihm unter info@alexander-schuh.com in Kontakt.
Der Autor:
Alexander Schuh ist langjähriger Mobilitätsexperte und zählt mit seinem Team zu den führenden Beratern der betrieblichen Mobilität. Er berät zahlreiche Firmen bei der Weiterentwicklung zu nachhaltigen Mobilitätsprogrammen. Neben der Einführung von E-Mobilität stehen besonders die Aktualisierung und Neuausrichtung von Dienstwagenrichtlinien, Mobilitätskonzepten und auch die Implementierung von Dienstrad-Programmen im Vordergrund. Zu seinen Mandanten zählen Firmen mit Fuhrparks von bis zu mehreren Tausend Fahrzeugen in ganz Europa genauso wie Mittelständler mit kleineren Fuhrparks.
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