Der VMF, Verband für Mobilität und Fuhrparkmanagement, ist Rat- und Impulsgeber im Mobilitätsmarkt. Exklusiv für das FLEETMAG spricht der Vorstand Frank Hägele über den Wandel der Mobilität, neue Marktteilnehmer und die vorherrschenden Themen der kommenden Jahre.
Anfangs war der VMF fokussiert auf Leasinggesellschaften. Inzwischen hat man sich hier breiter geöffnet. Was ist dabei die Intention?
Es gibt wahrscheinlich nur wenige Branchen, die sich in den vergangenen 25 Jahren – also seit Gründung des VMF – so massiv verändert haben.
Insbesondere die letzten 5 Jahre waren von extremen Veränderungen geprägt. Auf diese Marktveränderungen der Branche haben wir reagiert. Wenn Sie die Kundenperspektive einnehmen, sind Finanzierungsinstrumente wichtig, aber das Spektrum ist natürlich breiter. Inzwischen decken wir mit unseren Mitgliedern und den insgesamt 20 Premium-Partnern ein sehr breites und spannendes Spektrum an Wertschöpfungspartnern für die Mobilitätsbranche ab. Wir können damit aus diesem Kreis Lösungen oder Beratung für alle wesentlichen Themen anbieten, die
Fuhrparkbetreiber rund um ihre Mobilität aktuell brauchen. Und der Bedarf ist in diesen Zeiten besonders hoch. Diese Umsetzung haben wir im gemeinsamen Vorstand mit den Mitarbeitern der Geschäftsstelle vorangetrieben. Das ist gut angekommen, denn das Interesse der Branche, Mitglieder und Premium-Partnern des Verbands zu sein, hat zugenommen, sodass wir jetzt ein spannendes Spektrum an Mitgliedern und Premium-Partnern haben. Damit funktioniert der Ansatz des Branchennetzwerks immer besser.
Die Mobilitätsbranche befindet sich im stetigen Wandel. Welche Auswirkungen hat dies auf den
VMF?
Wie man schon mit unserer Neuausrichtung sehen kann, gehen wir mit dem Wandel mit. Wir müssen unsere Expertise ständig erweitern und auf das Marktgeschehen reagieren bzw. zukünftige Entwicklungen vorwegnehmen. Um unsere Mitglieder beim Wandel zu unterstützen, bieten wir verschiedene Formate an wie beispielsweise Studien, die exklusiv in Auftrag gegeben werden, deren Studiendesign zu 100 Prozent auf die Premium-Partner und Mitglieder ausgerichtet ist. Mit Branchenstandards und Analysen schaffen wir sowohl Transparenz als auch fundierte Entscheidungsgrundlagen. Gleichzeitig sprechen wir mit sehr vielen Marktpartnern, um einen Mehrwert für unsere Mitglieder zu erzielen.
Blickt man einige Jahre zurück, gab es in der Beschaffung eine Grundsatzentscheidung zu treffen. Kauf oder Leasing? Inzwischen sind auch flexiblere Angebote wie Langzeitmiete und Auto-Abos sehr beliebt. Inwiefern beeinflusst dies den Markt?
Es ist umgekehrt, der Markt – unsere Kunden – brauchte immer mehr Flexibilität. Insbesondere in den letzten Jahren durch Corona, aber auch durch die Homeoffice-Situation und die Lieferengpässe ist die Nachfrage nach verschiedenen Lösungen gestiegen. Aus diesem Grund wurde es auch wichtiger, dass die Kunden je nach Unternehmens- und Branchensituation aus den verschiedenen Möglichkeiten wählen können. Langzeitmiete und Auto-Abos werden beliebter. Wir stellen insgesamt eine Fragmentierung der Angebote und der Mobilitätsanbieter fest – eine erhebliche Veränderung zu den vergangenen 20 Jahren, die geprägt waren von einer abnehmenden Anzahl von Herstellern, Zusammenschlüssen von Mobilitätsanbietern und insgesamt weniger Anbietern.
Sie haben es eben schon erwähnt: Der Automobilstandort Deutschland und generell die traditionellen Hersteller erhalten zunehmend Wettbewerb von neuen Playern. Muss man sich Sorgen machen?
Ich bin der Meinung, dass die traditionellen Hersteller den Wettbewerb im Blick behalten müssen. Selbstverständlich entsteht da eine große Konkurrenz. Wer bereits das Produkt eines neuen Players nutzt oder Probe gefahren ist, weiß, dass die Karten gerade bei E-Fahrzeugen neu gemischt werden. Für die Branche ist die Entwicklung auch positiv: es entstehen schneller Innovationen und Verbesserungen und der Druck auf top-aktuelle Modelle nimmt zu. Wichtig ist es, mit dem Wandel in der Automobilbranche mitzugehen und neue Antriebe und Möglichkeiten auszuloten. Dann bleibt Deutschland als Automobilstandort auch wettbewerbsfähig. Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft.
Mitgliederliste des VMF
Trotz neuer Anbieter und vermeintlich mehr Auswahl auf dem Automobilmarkt, sind die Supply-Chains 2022 völlig aus dem Gleichgewicht geraten. Welche Auswirkungen hatte dies auf den Markt und welche Lehren müssen daraus gezogen werden?
Die Lieferkettenproblematik hatte enorme Auswirkungen auf den Markt, die noch immer spürbar sind. Die Situation hat sich noch nicht wieder erholt. Die gesamte Branche hat mit sehr starken Lieferverzögerungen bereits bestätigter Liefertermine oder sogar Absagen zu kämpfen. Wichtig dabei ist es, an einem Strang zu ziehen, und kluge Lösungen zu finden. Unsere Mitglieder haben alles getan, um den Unternehmenskunden im höchsten Maße entgegen zu kommen.
Die Konfiguration von Firmenautos war in den letzten Jahren ja ein Highlight und ganz bestimmt ein großes Entgegenkommen der Automobilhersteller an die Kunden. Aber ist die individuelle Konfiguration von Firmenautos auch jetzt noch zeitgemäß?
In vielen Bereichen spielen frei konfigurierbare Fahrzeuge eine große Rolle. Nicht umsonst heißt es, dass das Auto „des Deutschen liebstes Kind ist“. Wir nehmen jedoch deutliche Veränderungen wahr, auch ausgelöst durch neue Marktteilnehmer. Es wird mehr in Paketen gedacht, die Ausstattungsvarianten nehmen ab und damit auch die Komplexität. Diese Veränderungen begrüßen wir.
Eine weitere Veränderung, die wir in den letzten Jahren beobachten konnten, ist die Remote-Work. Auch Sustainability und andere Mobilitätsformen beeinflussen den individuellen Bedarf an Mobilität stark. Stirbt der klassische Dienstwagen aus?
Das sehen wir nicht. Auch wenn der Fuhrpark deutlich flexibler werden muss und Corona sich auf die Denkweise der Menschen ausgewirkt hat, wird der Dienstwagen nach wie vor eine große Bedeutung spielen. Dazu werden Mobilitätsbudgets und alternative Mobilitätskonzepte kommen. Die werden aber eher in urbanisierten Regionen verstärkt neben dem klassischen Dienstwagen treten. Ein Aussterben des Dienstwagens ist überhaupt nicht in Sicht, Dienstwagen haben für die betriebliche Mobilität und als Bindungsinstrument eine erhebliche Bedeutung.
Die neuen Marktteilnehmer treten teils sehr agil auf und stellen das herkömmliche Retail-Modell in Frage. Werden wir zukünftig nur noch Showrooms statt Autohäusern haben und bestellen wir unsere Autos dann online mit einer Direktlieferung vor unsere Haustüre?
Ich persönlich habe da meine größeren Zweifel, auch wenn Onlinebestellungen und Digitalprozesse zunehmen werden. Von den Autohändlern und ihren Leistungen habe ich eine sehr hohe Meinung. Wir werden auch hier verschiedene Vorgehen im Markt sehen, in Bezug auf Vertriebsmodelle, Standort- und Servicepolitik. Am Ende wird der Kunde entscheiden.
Welche Themen sehen Sie auf den VMF in den kommenden Jahren zukommen?
Im Vorstand sind wir uns über die wichtigsten Trends einig, um die wir uns kümmern müssen: Digitalisierung mit all ihren Facetten, Nachhaltigkeit mit Mobilitäts- und Energiewende, Flexibilität durch Plattformökonomie und erweiterte Mobilitätskonzepte, höhere Sicherheit durch autonomes Fahren und Assistenzsysteme. Wir werden uns immer mehr neuen Mobilitätsmöglichkeiten auseinanderzusetzen haben und Lösungen für unsere Kunden entwickeln. Die grundlegenden Themen werden die gleichen sein, mit denen wir uns auch jetzt schon beschäftigen. Aber es werden erhebliche Weiterentwicklungen stattfinden. Gleichzeitig wird es eine Trendwende in der betrieblichen Mobilität geben. Diese deutet sich jetzt schon an, wird aber noch größere Ausmaße annehmen. Neben dem Dienstwagen werden weitere Angebote den Markt der betrieblichen Mobilität erweitern. Innerhalb der Unternehmensmobilität wird es dann zu einer Fragmentierung kommen. Auch damit werden wir uns auseinandersetzen.
Wie kann man den Verband unterstützen und welche Formen der Mitgestaltung gibt es?
Wir achten bei Mitgliedern und Premium-Partnern darauf, dass wir das gemeinsame Ziel haben: Wir wollen aktiv das Mobilitätsangebot der Zukunft mitgestalten, eine besondere Plattform für den gegenseitigen Austausch bieten und dem Markt Impulse geben. Jeder in seinem speziellen Gebiet. Unser Ziel ist es, gemeinsam die obilität von heute und morgen zu gestalten, Qualitätsstandards zu setzen und Orientierung zu schaffen.
Bei den Mitgliedern handelt es sich um Gesellschaften, die aktiv Assets managen. Dazu gehören Leasing-und Fuhrparkmanagementgesellschaften oder andere Institute wie Autovermietungsgesellschaften. Bei den Premiumpartnern handelt es sich um solche Partner, die Geschäfte mit der Mobilitätsbranche machen, in der Regel aber keine Assets selbst managen. Sie bieten beispielsweise einen Zahldienst an oder kümmern sich um das Tanken oder Laden von Fahrzeugen. Wir tauschen uns regelmäßig mit unseren Premiumpartnern aus und veranstalten dazu zweimal im Jahr das Branchenforum. Wir freuen uns immer wieder über neue Unterstützung. Dabei ist es uns aber wichtig, nicht beliebig viele Premiumpartner aufzunehmen, sondern fokussiert neue Partner zu gewinnen, die eine hohe Abdeckung in diesem Mobilitätsspektrum sicherstellen.
Dieser Artikel wurde erstmalig im FLEETMAG #3 veröffentlicht. Das Fleetmag ist ein jährlich erscheinendes Magazin für die betriebliche Mobilität. Wenn Sie bei der nächsten Ausgabe auch mit einem Fachbeitrag, einem Advertorial oder einer Anzeige mit dabei sein möchten, dann kontaktieren Sie uns: