Mit einer Fuhrparkgröße von 135 Fahrzeugen im Bestand kümmert sich Ralph Hettwer bei der AOK Baden-Württemberg seit 2010 um den Fuhrpark in der Hauptverwaltung Stuttgart.
Im Interview mit MobiliTree spricht Hettwer über die Elektrifizierung und die so starken Veränderungen im Stellenprofil eines Fuhrparkmanagers.
Dabei stellt der erfahrene Mobilitätsmanager die These auf, dass der Bereich Fuhrpark keine Zukunft mehr in seiner klassischen Form haben wird. Eine Transformation zum ganzheitlichen betrieblichen Mobilitätsmanagement ist die logische Folge.
Fuhrpark Portrait AOK Baden-Württemberg
Fuhrparkgröße gesamt: 135 Fahrzeuge
PKW / Transporter: 115 PKW, 20 Transporter
Kauf/Leasing: 100% Leasing
Dienstleister und Anbieter: u. a. Signal Design, EUROMASTER, Carglass, CarSync, DRS Group, EnBW, DKV, Mercedes-Benz Leasing, Arval Deutschland, Volkswagen Leasing.
Herr Hettwer, Sie sind 2008 mit Beginn einer kaufmännischen Ausbildung bei der Hauptverwaltung der AOK Baden-Württemberg in Stuttgart gestartet. Nur 2 Jahre später haben Sie die Betreuung des Fuhrparks übernommen. Wie sind Sie damals in die Rolle des Fuhrparkleiters gelangt?
Wenn Sie so möchten, durch Zufall und glückliche Fügung. Eine Kollegin, die u.a. für die Beschaffung der Fahrzeuge zuständig war, ist in Mutterschutz und Elternzeit gegangen und der Kollege, der für die Verwaltung und Ausgabe der Fahrzeuge verantwortlich war, ist fast zur gleichen Zeit in Rente gegangen. Somit war der Bereich des Fuhrparks vakant. Die freigewordene Stelle ist mir dann vom damals zuständigen Abteilungsleiter angeboten worden.
Wie haben Sie sich über die Jahre das dafür notwendige Wissen und Netzwerk aufgebaut?
Das Fachwissen haben ich mir damals tatsächlich über learning-by-doing, durch sehr viel lesen von Fachzeitschriften und -büchern sowie über die Teilnahme an einem Seminar für Quereinsteiger beim TÜV Süd angeeignet. Eine weitere Wissensvertiefung erfolgte dann über die Jahre durch die regelmäßige Teilnahme an Kurzseminaren, Roundtable-Gesprächen und Vorträge u.a. auf der „Flotte!“ und dem „bfp-Forum“. Für das laufende Jahr ist dann noch vorgesehen, auf Grund der Veränderung vom Fuhrpark- zum Mobilitätsmanagement, die Weiterbildung zum zertifizierten Mobilitätsmanager anzugehen.
Kümmern Sie sich Vollzeit um den Fuhrpark oder haben Sie noch weitere Aufgabenbereiche?
Das hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Wir kommen aus der klassischen Fuhrparkverwaltung. Heute, auf Grund des Wandels und der Komplexität der Mobilität, wurden im Unternehmen die Strukturen entsprechend angepasst, sodass wir heute als Mobilitätsmanagement auftreten und auch die dazugehörigen neuen Themen mitabdecken. Das fängt beim ÖPNV an, geht über Micromobilität bis zum Dienstradleasing. Die klassische Fuhrparkverwaltung ist aber auch weiterhin noch bei uns.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit besonders gut?
Die unterschiedlichen Themengebiete, insbesondere jetzt im Mobilitätsmanagement und die Herausforderungen die diese mit sich bringen. Es ist spannend zu sehen, wie man die betriebliche Mobilität von Morgen im Unternehmen aufbauen und mitgestalten kann.
Worauf könnten Sie gerne verzichten?
An sich gibt es eigentlich nichts, auf dass ich verzichten könnte, da alles einem gewissen Zweck dient. Sei es durch rechtliche oder innerbetriebliche Vorgaben. Was allerdings recht anstrengend ist, sind die ständigen Videokonferenzen. Ich bin jemand, der gerne Themen direkt und persönlich mit Menschen bespricht. So lassen sich z.B. Probleme besser aus der Welt schaffen oder Verträge besser aushandeln.
Inwiefern haben sich die Aufgaben und Anforderungen in Ihrem Fuhrpark im Laufe der Jahre verändert?
Wie bereits erwähnt, haben sich die Themen, speziell in den letzten 4-5 Jahren gewandelt. Gerade mit dem verstärkten Auftreten von anderen Mobilitätsformen sowie der Elektromobilität, muss man das Thema breiter und aus anderen Blickwinkeln betrachten, die man bisher nicht auf der Agenda hatte. So hätte ich z.B. nie gedacht, dass ich mich mit maximalen Anschlussleistungen, Unterverteiler oder einem Last- und Lademanagement auseinandersetzen muss. Es werden zwischenzeitlich Themenfelder bespielt, die bisher eher am Tellerrand oder über diesen hinaus angesiedelt waren.
Was denken Sie, wo sich in den kommenden Jahren noch mehr verändern wird?
Der Bereich Fuhrpark wird aus meiner Sicht keine Zukunft mehr in seiner klassischen Form haben. In jedem Unternehmen wird und muss es, auf Grund des gesellschaftlichen Wandels, eine Transformation zu einem betrieblichen Mobilitätsmanagement geben. Es wird in den Unternehmen künftig diverse und individuelle Mobilität für die einzelnen Beschäftigten geben, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind, und nicht mehr nur den klassischen Dienst-PKW. Auch im digitalen Bereich wird sich noch viel tun. Was z.B. KI für Potenziale mit sich bringen kann und wie sie auf die Verwaltung z.B. im Fahrzeugmanagement einwirken kann, wird spannend werden. Auch bisher (teil-)digitale Bereiche wie das Ein- oder Unterweisungs-management werden künftig noch stärker auf digitale Formen umgestellt werden, damit die Ablaufprozesse gestrafft werden können. Eine KI-basierte und über VR durchgeführte Unter- oder Einweisung wäre durchaus keine Zukunftsphantasie. Allerdings geht hier dann leider das Persönliche ein bisschen verloren.
Fuhrpark ist längst nicht mehr nur Autos. Welche Elemente der betrieblichen Mobilität liegen noch in Ihrem Verantwortungsbereich?
Wir sind im Mobilitätsmanagement zusätzlich noch für alle anderen Mobilitätsthemen, neben dem reinen Fuhrpark, zuständig. Teils auch unter Bezugnahme von Fachabteilungen wie z.B. dem HR-Bereich oder unserem Umweltmanagement. So haben wir im vergangenen Jahr, zusammen mit den HR-Kollegen, das Dienstradleasing erfolgreich EU-weit ausgeschrieben. Aktuell sind wir z.B. an der Erstellung eines betrieblichen Mobilitätshandbuchs dran, das künftig die Formen der betrieblichen Reisen der AOK Baden-Württemberg genau regeln wird. Also ab wann und unter welchen Voraussetzungen ich mit dem PKW, der Bahn oder dem Flugzeug verreisen kann. Das Augenmerk liegt hier besonders auf der Vermeidung von CO2.
Wie wird sich die betriebliche Mobilität Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren verändern?
Es wird mehr Wert auf die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten gelegt werden müssen. So wird der typische User-Chooser künftig wohl nicht mehr unbedingt auf einen Dienstwagen setzen. Hier kann auch eine Bahncard, ein eBike, Carsharing oder auch die kostenfreie Nutzung des ÖPNV (Stichwort: 49 EUR Ticket) ein neuer Anreiz sein. Themen wie Micro- und Elektromobilität werden stärker in den Fokus rücken. Auch das Thema von Lademöglichkeiten für Beschäftigte oder das Dienstradleasing und die dazugehörigen Rahmenbedingungen, wie Umkleide- und Duschmöglichkeiten am Arbeitsort werden nachgefragt werden.
Wie stellt die AOK Baden-Württemberg sich dabei auf?
Die AOK Baden-Württemberg ist seit 2013 nach der DIN-Norm ISO 14001 umweltzertifiziert. Unter der Marke „greenAOK“ werden alle nachhaltigen Maßnahmen im Unternehmen gebündelt und umgesetzt. Wir verfolgen einen ambitionierten Klimaschutz und identifizieren kontinuierlich Hebel, um z.B. unseren CO2-Fußabdruck zu senken. Aktuell befindet sich bereits die betriebliche Mobilität im Transformationsprozess hin zur klimaneutralen Mobilität, da diese einen nicht zu unterschätzenden Anteil am CO2-Fußabdruck der AOK Baden-Württemberg hat. Einer der Ankerpunkte ist die bereits 2013 begonnene Umstellung auf Elektromobilität. So liegt der aktuelle Elektrifizierungsgrad in unserem Fuhrpark bei 58% der Gesamtflotte. Parallel wurde zudem in den letzten Jahren ein eigenes Ladeinfrastrukturnetz im Land aufgebaut, an dem die Dienstwagen mit Ökostrom geladen werden. Der nächste Schritt ist dann das Mobilitätshandbuch, mit klaren Regelungen zum Reiseverkehr.
Gibt es ein besonderes Erlebnis oder ein Highlight aus Ihrer Tätigkeit im Fuhrpark?
Da gibt es gleich zwei. Das erste Highlight war mein erster Besuch einer Fachmesse. Das war seiner Zeit das bfp-Forum am Nürburgring. An diesem geschichtsträchtigen Ort, der „Grünen Hölle“, zu sein und die Atmosphäre aufzunehmen ist schon etwas Besonderes. Das zweite Highlight war die Teilnahme an der Wahl zum „Firmenauto des Jahres“. Das war auch die letzte Veranstaltung, die der ETM-Verlag noch in Präsenz im Europa-Park Rust mit Probefahrten durchgeführt hat. In unserer Branche ist die Wahl ja vergleichbar, wie die zum „Goldenen Lenkrad“ der Bild Zeitung. Zum erlauchten Kreis der Tester gehört zu haben, war für mich schon eine Ehre.
Sie sind seit vielen Jahren treuer Besucher des Flottentags. Wie würden Sie den Flottentag einem Fuhrparkleiter beschreiben, der bislang noch nicht dabei war?
Der Flottentag ist eine kleine und feine, fast schon familiäre, Plattform zum gezielten Networking mit Fachkollegen und Ausstellern. Abgerundet wird die Veranstaltung mit interessanten Vorträgen und einem hervorragenden Catering. Den Flottentag kann ich jedem Fuhrparkverantwortlichen nur wärmstens ans Herz legen.
Welche Anbieter und Lösungen kommen in Ihrem Fuhrpark zum Einsatz?
Wir haben uns hier in den letzten Jahren breiter aufgestellt. So arbeiten wir z.B. mit EUROMASTER, Carglass oder der DRS Group erfolgreich im Bereich Räder bzw. Smartrepair zusammen. Seit Ende 2021 nutzen wir zudem die Softwarelösungen von CarSync rund um die Fahrzeugverwaltung, -buchung und der Führerscheinkontrolle.
Über die AOK
Seit über 140 Jahren steht die AOK als eine der größten Krankenversicherungen in Deutschland für Sicherheit und umfassende medizinische Versorgung im Krankheitsfall. Die AOK Baden-Württemberg versichert über 4,6 Millionen Menschen im Land, was einem Marktanteil von 46,1% entspricht.
Lieferanten der AOK Baden-Württemberg in der betrieblichen Mobilität (Auszug)
DKV Mobility
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