Betrachtet man die geographische Lage des Stadtgebiet Tübingen, so ist die knapp 20 km südlich von Stuttgart gelegene Universitätsstadt ungeeignet für Radfahrer. Gleich mehrere Hügel und Berge erstrecken sich im und um das Zentrum. Dennoch ist das Bike hier beliebter als andernorts.
Um diesem Fakt auf den Grund zu gehen, muss man wissen, dass Tübingen sehr alternativ und studentisch geprägt ist. Der Tübinger ist bescheiden, sparsam und nachhaltig.
Untermauert wird dieses Standing mit dem seit 2007 im Amt befindlichen Oberbürgermeister Boris Palmer. Auch wenn das Stadtoberhaupt im Mai 2023 aus Bündnis 90/Die Grünen ausgetreten ist, so kann man seine politische Herkunft an jeder Ecke der Stadt erleben.
Das Auto lässt man in Tübingen besser stehen
Kostenfreier Stadtbus für Tübinger Bürger am Wochenende, unzählige Kilometer Radwege mit Radzählstellen und Autofreie Stadtgebiete auf der einen Seite. Parkraumverknappung, für Autofahrer unübersichtliche Einbahnstraßen-Regelungen sowie verkehrsberuhigte Bereiche mit Geschwindigkeitsüberwachung auf der anderen Seite.
Kurzum: Das Auto lässt man in Tübingen besser stehen. Diese Entwicklung hat in der Ära Palmer zwar immer wieder hitzige Diskussionen unter den Bürger hervorgebracht, doch in einer Sache sind sich dann doch wieder alle einige: So ganz ohne Verkehr ist die Schönheit des Zentrums dann gleich noch einen ganze Ecke schöner.

Die Neugestaltung des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) in Tübingen: Eine Revolution für die Mobilität
Das Jahr 2023 markiert einen entscheidenden Wendepunkt für die Mobilität in Tübingen. Die Stadt hat den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) grundlegend umgebaut und das gesamte Areal neu gestaltet.
Dabei zeigt sich auch bei diesem Projekt die klare Vision von Oberbürgermeister Boris Palmer: Tübingen setzt konsequent auf Fußgänger und Radfahrer, während Autos im Zentrum der Stadt keinen Platz mehr haben sollen.
Das etwas andere Bahnhofsareal
Die Neugestaltung des ZOBs hat eine Vielzahl von bahnbrechenden Verbesserungen mit sich gebracht, die die Mobilität in Tübingen auf ein neues Level heben. Während in anderen Städten das Bahnhofsviertel eher als No-Go-Zone zu verstehen ist, hat Tübingen eine einzigartige Mobility Erlebniswelt geschaffen. Zentraler Punkt ist die Radstation Tübingen.
Die Radstation bietet mehr als nur Abstellplätze
Die Radstation wird von der Bruderhaus Diakonie betrieben. Dieses Konzept schafft integrative Arbeitsplätze und trägt zur sozialen Verantwortung der Stadt bei. Aber die Radstation bietet nicht nur Abstellplätze. Hier lassen sich Schließfächer mieten, Tickets für die öffentlichen Duschen erwerben, Fahrräder ausleihen und Reparatur- sowie Reinigungsdienste in Anspruch nehmen. Doch der Clou befindet sich unter der Radstation.

Fahrrad-Tiefgarage mit über 2.000 Stellplätzen
Unter dem Busbahnhof und der Radstation befindet sich eine hochmoderne und geräumige Fahrrad-Tiefgarage, die mehr als 2.000 Stellplätze für Fahrräder bietet.
Davon befinden sich 1.100 in einem gesicherten Bereich innerhalb der Tiefgarage, der von der Radstation mit Café am ZOB betrieben wird.
Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, sein Fahrrad in der Tiefgarage abzustellen:
- Kostenloses Radparken: Zwei Drittel der Stellplätze sind kostenlos und stehen den Nutzern zur Verfügung, die ihr Fahrrad in der Tiefgarage abstellen möchten.
- Gesicherter Bereich mit kostenpflichtigen Stellplätzen: Der gesicherte Bereich in der Tiefgarage bietet 350 zusätzliche Stellplätze, die kostenpflichtig sind. Hier haben Fahrradbesitzer zwei Möglichkeiten: Sie können ein Jahresticket für den gesicherten Bereich erwerben.
- Valet Bike Parking:. Sie können ihr Fahrrad oben im Servicebereich der Radstation abgeben. Ein Mitarbeiter der Radstation parkt das Fahrrad in einem speziellen Bereich, der nur für die Radstation zugänglich ist. Dieses Garderobenparken ist nicht nur bequem, sondern spart auch Zeit.

Fahrrad-Wash-Station
Eine der bemerkenswertesten Ergänzungen ist die Einführung einer Fahrrad-Wash-Station. Radfahrer können ihre Fahrräder bequem waschen und warten lassen, was die Pflege und Instandhaltung ihrer Räder erheblich erleichtert. Und so ist die schwäbische Kehrwoche nicht nur inbegriff von saubere Treppenhäusern, sondern wer sein Fahrrad liebt, der lässt es schrubben.

Ein dichtes Netz von Radwegen
Die Stadt hat auch in den Ausbau von Radwegen investiert, um das Radfahren in Tübingen sicherer und bequemer zu gestalten.
Das „blaue Band“ steht es in Tübingen für Mobilitätswende. Durch die komfortablen, fünf Meter breiten Zweirichtungsradwege wird die Attraktivität des Fahrradfahrens gesteigert.
Dieses dichte Netz von Radwegen verbindet den ZOB mit verschiedenen Teilen der Stadt und erleichtert so den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln.
Radzählstellen erfassen Mobilitätsverhalten
An aktuell vier Stellen werden in Tübingen Radfahrende dauerhaft gezählt. Dafür wurden sogenannte Induktionsschleifen im Boden eingelassen. Sie erfassen die Anzahl und die Fahrtrichtung der Radfahrenden. In den kommenden Jahren soll die Anzahl der Dauerzählstellen sukzessive erweitert werden.

Die Neugestaltung des ZOBs und die Einführung der Fahrrad-Tiefgarage sind Meilensteine für die Mobilität in Tübingen. Die Stadt zeigt, dass sie bereit ist, innovative Wege zu gehen, um die Lebensqualität der Bürger zu verbessern und die Umwelt zu schützen. Tübingen beweist, dass nachhaltige Mobilität möglich ist und einen Mehrwert für alle schafft.
Bleiben Sie gespannt auf weitere Entwicklungen in Tübingen und die kontinuierliche Verbesserung der Mobilität in der Stadt.



Über den Autor
Sebastian Kreuzer ist in Tübingen geboren und aufgewachsen. Nach 13 Jahren Schulzeit hatte er die Stadt satt. Zu alternativ – „Barfuß radelnde Dreadlocks waren in Tübingen um die Jahrtausendwende keine Seltenheit“ – und für einen jungen Mann mit Anfang 20 war einfach zu wenig Action geboten.
20 Jahre später sieht er die Stadt mit den Augen eines Familienvaters und sagt heute: „Ein Samstag in Tübingen ist entschleunigend und Balsam auf die staugeplagte Großstadt-Seele“.
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