Auf den ersten Blick ist die Rechnung der E-Mobilität einfach: Man trägt die höheren Anschaffungskosten, lädt aber deutlich günstiger, als man tanken würde.
Bei der aktuellen Debatte rund um Strompreise und die Energiewende schleicht sich bei vielen EV-Interessenten aber Unsicherheit ein. Aktuell werden in den Medien verschiedenste Szenarien für die Entwicklung des deutschen Strompreises gezeichnet – von einer Normalisierung bis hin zur Explosion der Kosten.
Dabei sind sich die Energie-Experten einig: E-Autos werden nicht nur weiterhin deutlich preiswerter laden als ihre Verbrenner-Konkurrenz – sie können sogar stärker von der Energiewende profitieren als alle anderen Technologien.
Um zu verstehen, warum das so ist und wie man selbst intelligent und günstig lädt, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen der deutschen Stromlandschaft. Schon 2023 bezog Deutschland erstmals mehr Strom aus erneuerbaren Energien als aus konventionellen Energieträgern. Der konsequente Ausbau von Wind- und Solarenergie führt dazu, dass wir an vielen Tagen im Jahr große Mengen günstigen, grünen Strom im Netz haben – die Gestehungskosten von Windparks und Photovoltaikanlagen, also die Kosten für die Herstellung von Strom, liegen weit unter denen von Gas-, Kohle- oder sogar Atomkraftwerken. Die große Herausforderung liegt nicht im Preis, sondern in ihrer fehlenden Flexibilität. An sonnigen Tagen fließt regelmäßig mehr Strom ins Netz, als in Deutschland gebraucht wird. Bei Dunkelflauten übersteigt der Verbrauch aber die Erzeugung. Auf dem Strommarkt führt das zu enormen Schwankungen und Belastung der Netze. Innerhalb von Stunden können sich Strompreise mehr als vervielfachen, aber auch genauso schnell wieder sinken. Um dieses Ungleichgewicht auszubalancieren, benötigt man Flexibilität – entweder in Form von Speichern, zusätzlichem Netzausbau oder teuren Backup-Kraftwerken. Oder aber, man passt seinen Verbrauch der Erzeugung an. Wer seinen Stromverbrauch zeitlich verschieben kann, zahlt in Zukunft nur noch einen Bruchteil des „normalen“ Strompreises – und kein Abnehmer ist dafür besser geeignet als das E-Auto. Egal ob geschäftlich oder privat: Die meisten E-Autos verbringen einen Großteil ihrer Zeit geparkt und können problemlos mehrere Tage mit einer Batterieladung bewältigen. In dieser Zeit lässt sich der Ladevorgang flexibel in die günstigsten Stunden oder Tage verschieben.
Die Zukunft des E-Auto-Ladens hängt nicht von der Strommenge, sondern vom richtigen Lade-Zeitpunkt ab – clevere Tarife machen es möglich.
Michael Schreiber
Head of Flexibility, Octopus Energy Germany
Wie funktioniert das in der Praxis? Unterwegs sind E-Auto-Fahrer aktuell noch oft der scheinbar willkürlichen Bepreisung bei Ladesäulen ausgesetzt. Preisbestimmend sind hier meistens die Investitionskosten – mit dem Einkaufspreis von Strom haben diese nicht mehr viel zu tun. Das wirkliche Potenzial liegt deshalb beim Laden in den eigenen vier Wänden. Hier gibt es immer mehr Anbieter, die Modelle mit einem flexiblen Strompreis anbieten. Das sollte nicht nur günstig, sondern vor allem so einfach wie möglich sein. Wenn Autofahrer das Know-how eines Energy-Traders benötigen, um günstig zu laden, verpufft der Effekt schnell. Idealerweise sollte ein intelligenter Tarif also nicht nur variable Strompreise anbieten, sondern auch bei der Ladeoptimierung helfen.
Octopus Energys’ intelligenter Ladetarif „Intelligent Octopus Go“ – aktuell in Deutschland noch ausschließlich für private Haushalte verfügbar – automatisiert zum Beispiel das komplette Lademanagement. Dabei gibt der Nutzer nur noch an, wann und wie voll das Auto geladen werden soll. Die Ladesteuerung erfolgt dann automatisch. So kann Octopus heute schon einen Preis von 15 bis 20 Cent pro Kilowattstunde garantieren – damit fährt man für unter vier Euro auf 100 Kilometer. Zudem schont das verzögerte Laden die Batterie, weil das Auto dann weniger Zeit vollgeladen parkt.
Im Hintergrund optimiert Octopus dabei nicht nur anhand der Strompreise, sondern kann auch die Netzauslastung berücksichtigen. Wo wahllos geladene E-Autos noch zu einem echten Risiko für die Netze wurden – etwa wenn nach Feierabend alle zur gleichen Zeit an der Steckdose hängen – werden sie intelligent gesteuert zu einem echten Vorteil. Vor allem nachts können sie überschüssigen Strom aufnehmen, wo aktuell noch regelmäßig Windkraft gedrosselt werden muss.
Noch mehr sparen können E-Autos, wenn sie nicht nur in günstigen Phasen Strom aufnehmen, sondern diesen in teuren Zeiten wieder zurück ins Netz speisen können.
Mit V2G-Technologie (Vehicle to Grid) können E-Autos wie klassische Batteriespeicher genutzt werden und helfen, das Stromnetz zu entlasten und zu stabilisieren. In Deutschland ist das aktuell noch nicht möglich. Sowohl die technischen Voraussetzungen – allen voran Smart Meter, also intelligente Stromzähler und bidirektionale Ladetechnologie – aber auch der regulatorische Rahmen für V2G fehlen noch. Ein Blick auf die europäischen Nachbarn wie Frankreich oder England zeigt aber, dass das Thema Fahrt aufnimmt. Sobald das gelingt, ist das E-Auto noch tiefer in die Stromlandschaft integriert und lädt damit noch günstiger.
Grundsätzlich bleiben die Ladekosten also auch in Zukunft eines der wichtigsten Argumente für die E-Mobilität.
Mit intelligenten Lösungen werden sie sogar noch weiter sinken, weil sie – richtig eingesetzt – einen echten Mehrwert für die Energielandschaft darstellen. E-Autofahrer müssen sich aber auf neue Tarifmodelle und Angebote einstellen. In den kommenden Jahren wird die wichtigste Frage nicht mehr sein, wie viel ein E-Auto verbraucht, sondern wann man es laden kann.