Als ich von FLEETMAG angesprochen wurde, ob ich nicht etwas für das Magazin schreiben wolle, kam mir sofort das Thema Compliance im Fuhrpark in den Sinn, da das Thema Fuhrpark und Flotte mittlerweile auch bei kleineren Betrieben immer mehr ankommt, aber ich auch immer wieder bei meinen Vorträgen und Fortbildungen feststelle, dass es noch genug zu erklären und hinzuweisen gibt. Das liegt meines Erachtens daran, dass das Thema Fuhrpark verschiedenste rechtliche Aspekte betrifft und es schlicht weg schwierig ist, alles im Blick zu behalten. Oft kommen Themen erst in den Blickpunkt, wenn die Kosten drücken oder etwas schiefgelaufen ist. Ziel des Artikels ist es, einen Überblick über mögliche Themen zu bieten. Die hier behandelten Aspekte sind aber nicht abschließend, sondern bewusst breit gewählt, um das mögliche Themenspektrum anzudeuten.
„Compliance“ im Fuhrpark?
Vor ein paar Jahren hielt ich bei einer hochgradig besetzten Veranstaltung eines örtlichen Anwaltvereins für Unternehmensjuristen zum Thema Compliance einen Vortrag zum Thema Fuhrpark. Nun ist es als Fachanwalt für Verkehrsrecht, bei allem gesunden Selbstbewusstsein, durchaus nicht an der Tagesordnung in so illustrem Kreise vortragen zu dürfen und ich hätte mich wahrscheinlich als Syndikus eines bekannten weltweit operierendem Mittelständlers oder als im internationalen Zoll- und Einfuhrrecht hochqualifizierter Rechtsanwalt gefragt, was denn ein Fachanwalt für Verkehrsrecht bei so einer Veranstaltung beizutragen vermag. Ich kann jedoch sagen, dass der Vortrag durchaus interessiertes Gehör fand. Denn natürlich gibt es Themen, die komplexer und anspruchsvoller sind in einem international tätigen Unternehmen, aber wenn man erklärt bekommt, dass unter Umständen ein Organ der Firma, gar der Vorstand, rechtliche Probleme bekommen kann, wenn man Themen nicht ernst nimmt bzw. nicht richtig organisiert, wird die Bedeutung schnell klar – insbesondere, wenn es ins kleinteilige Detail geht.
Was ist „Compliance“?
Die Compliance ist ein Begriff, der in aller Munde ist und schnell als Schlagwort fällt, aber auch hier ist es wie mit allem: oft wissen die Betroffende gar nicht richtig, was der Begriff konkret bedeutet. Der Deutsche Corporate Governance Codex nennt folgende Definition: „Der Begriff Compliance steht für die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen, regulatorischer Standards und Erfüllung weiterer, wesentlicher und in der Regel vom Unternehmen selbst gesetzter ethischer Standards und Anordnungen.“
Das hört sich umfassend an – und das ist es auch. Wenn man dann bei einem Vortrag noch die Bußgeldvorschrift des § 30 OWiG kennt, die für verschiedene Funktionsträger von juristischen Personen und Personenvereinigungen eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begeht, indem sie ihre Pflichten verletzt haben, bis zu 10 Mio Euro vorsieht, wird es schnell unruhig im Auditorium. Das ist natürlich nicht die Regel, aber es verdeutlicht, dass man ggf. auch als Vorstand eines Sportvereins sicherstellen sollte, dass nur Berechtigte mit vereinseigenen Fahrzeugen fahren. Im Bereich des Fuhrparks bezieht sich Compliance auf die Einhaltung und Umsetzung von rechtlichen Bestimmungen sowie internen Richtlinien. Konkret umfasst dies:
1. Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen: Gewährleistung, dass alle geltenden gesetzlichen Vorschriften im Zusammenhang mit dem Fuhrpark eingehalten werden. Dazu gehören beispielsweise Verkehrsregelungen, Umweltauflagen und Sicherheitsvorschriften.
2. Klärung/Delegierung der Verantwortlichkeiten: Festlegung von klaren Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten im Zusammenhang mit dem Fuhrparkmanagement, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten ihre Aufgaben im Einklang mit den Compliance- Anforderungen erfüllen.
3. Haftung im Schadensfall: Klärung der Haftungsfragen im Falle von Unfällen oder Schäden im Zusammenhang mit den Fahrzeugen des Fuhrparks, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen und betrieblichen Regelungen.
4. Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten: Implementierung von Mechanismen und Kontrollen, um Ordnungswidrigkeiten und Straftaten im Zusammenhang mit dem Fuhrpark zu verhindern, z.B. durch regelmäßige Überprüfungen und Schulungen der Fahrer.
5. Risikoanalyse: Identifikation und Bewertung potenzieller Risiken im Fuhrparkmanagement, einschließlich finanzieller, rechtlicher und operativer Risiken. Ziel ist es, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um diese Risiken zu minimieren.
6. Definition von Maßnahmen: Festlegung von konkreten Maßnahmen und Prozessen, um die Einhaltung der Compliance sicherzustellen. Dies kann Schulungen, Überwachungssysteme oder interne Audits umfassen.
7. Nachhaltigkeit: Die vorgenannten Maßnahmen müssen dauerhaft implementiert und umgesetzt werden. Das alles bringt jedoch nichts, wenn es nicht auch vernünftig, das bedeutet schriftlich, dokumentiert wird!
Insgesamt zielt die Compliance im Fuhrpark darauf ab, sicherzustellen, dass sämtliche Aktivitäten im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften und Unternehmensrichtlinien erfolgen, um mögliche Risiken zu minimieren und die Effizienz des Fuhrparkmanagements zu steigern.
Ein Überblick über Themen im Fuhrpark
Die rechtlichen Vorschriften, die den Fuhrpark betreffen, rühren aus verschiedensten Rechtsgebieten. Dazu gehören allgemeine Vorschriften sowie spezifische Regelungen zu sozialen Aspekten wie Lenk- und Ruhezeiten, und die Verwendung von Fahrtenschreibern. Ebenso werden Markt- und Berufszugang im Personen- und Güterverkehr durch separate Vorschriften behandelt, ebenso wie die Berufsfahrerqualifikation. Weitere wichtige Bereiche umfassen Regelungen zu Gefahrguttransporten, Mautgebühren, Abfalltransporten und diverse sonstige Bestimmungen. Hier werden heute nur einige konkrete Aspekte zur (weiteren) Schärfung des Problembewusstseins behandelt.
Die Halterhaftung
Ein erstes wichtiges Thema ist die Halterhaftung im Zusammenhang mit Fuhrparks, das in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen explizit erwähnt wird. In Deutschland regeln insbesondere § 35a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) und § 23 der Straßenverkehrsordnung (StVO) die Haftung des Halters für Verkehrsverstöße, die mit den in seinem Fuhrpark befindlichen Fahrzeugen begangen werden. Diese Regelungen legen fest, dass der Halter eines Fahrzeugs grundsätzlich für die Einhaltung der Verkehrsvorschriften verantwortlich ist, es sei denn, er kann nachweisen, dass er alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um Verstöße zu verhindern.
Gemäß § 35a StVZO ist der Fahrzeughalter verpflichtet, dafür zu sorgen, dass nur geeignete und zuverlässige Personen mit der Führung der von ihm gehaltenen Fahrzeuge beauftragt werden. Die Auswahl und Beauftragung von Fahrern unterliegt somit der Sorgfaltspflicht des Halters. Verstöße gegen diese Bestimmungen können zu haftungsrechtlichen Konsequenzen führen. Nach § 23 StVO haftet der Halter eines Fahrzeugs für Verkehrsverstöße, die mit seinem Fahrzeug begangen werden, es sei denn, er kann nachweisen, dass er alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um die Verletzung der Pflichten zu verhindern. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass der Halter nachweisen muss, alle notwendigen Vorkehrungen zur Schulung und Überwachung der Fahrer getroffen zu haben.
Wenn es keinen Fuhrparkleiter gibt, ist der Halter selbst gefragt.
Diese Vorschriften kennt wahrscheinlich noch mehr oder weniger jeder, der sich mit Fuhrparks und Flotte beschäftigt. Aber die Auswirkungen auf die Praxis sind nicht immer so ersichtlich. Ich dachte mir, ich arbeite dies an einem Thema etwas heraus, dass in aller Regel nicht so geläufig ist: dem Fahrerlaubnisrecht. Da „schlummert“ gerne einmal ein verstecktes Problem, wenn denn die Verantwortlichen für den Fuhrpark Kenntnisse von Dingen haben bzw. haben müssten und nicht reagieren, weil z.B. der Kollege nett oder die Sache einfach unangenehm ist.
Vielleicht kennt jemand einen Kollegen, der schon einmal mit einer Alkohol-Fahne bei der Arbeit erscheint oder andere auffällige Merkmale, die an vermehrten Alkoholkonsum denken lassen.
Das ist leider ab dem Punkt ggf. nicht mehr reine Privatsache des Kollegen, wenn er einen Firmenfahrzeug zur Verfügung hat bzw. damit fährt. Wir erinnern uns z.B. an § 35 a StVZO, der vorschreibt, dass der Halter dafür zu sorgen hat, dass nur zuverlässige Personen mit dem Fahrzeug fahren. Hier muss der Verantwortliche ggf. nachbohren und prüfen, ob er da Maßnahmen ergreifen muss.
Führerscheinkontrolle
Die Führerscheinkontrolle ist ein entscheidender Bestandteil des Fuhrparkmanagements. Sie dient nicht nur der Überprüfung der Fahrerlaubnisse, sondern auch der Sicherstellung, dass die Fahrer den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Es ist ratsam, diese Kontrollen regelmäßig durchzuführen und lückenlos zu dokumentieren. Stichprobenartige Überprüfungen können zusätzlich dazu beitragen, Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu erkennen und sollten immer wieder zusätzlich durchgeführt werden.
Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei auf mögliche Hinweise auf Fahrerlaubnisverlust oder Fahrverbote gerichtet werden. Bei entsprechenden Anzeichen ist eine vertiefte Überprüfung und gegebenenfalls eine erneute Führerscheinkontrolle angebracht, um die Compliance im Fuhrparkmanagement zu gewährleisten. Das Zusammenspiel von rechtlichen Vorschriften, insbesondere des Fahrerlaubnisrechts, und praxisnahen Maßnahmen im Fuhrparkmanagement sind somit entscheidend, um nicht nur die Sicherheit, sondern auch die rechtliche Integrität des Fuhrparks zu gewährleisten.
Bei dieser sollten folgende Parameter beachtet werden. Vor der Übergabe eines Fahrzeugs ist es zwingend erforderlich, den Originalführerschein des Fahrers zu überprüfen. Nachdem der Führerschein gesehen wurde, kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass die Fahrerlaubnis vorhanden ist. Dennoch ist eine regelmäßige Überprüfung notwendig, idealerweise alle drei Monate, mindestens aber halbjährlich. Hat man Anlass für Zweifel, insbesondere bei Anzeichen für Probleme, ist die Dokumentation dieser Überprüfungen unerlässlich. Dabei sollte man sich sinnvollerweise einer entsprechenden Software bedienen.
Ein Problem, welches mir in der Praxis immer wieder begegnet, ist die Thematik der EU-Fahrererlaubnis. Hier lauern Fallen, die sich sehr unangenehm auswirken können.
Nicht jeder EU-Fahrerlaubnisinhaber darf automatisch in Deutschland fahren. Gemäß § 28 Abs. 4 FeV kann die Nutzung einer Fahrerlaubnis hierzulande untersagt werden, beispielsweise nach einem Fahrerlaubnisentzug. Nach Ablauf einer Fahrerlaubnissperre muss gemäß § 28 Abs. 5 FeV ein Antrag auf Genehmigung der Nutzung gestellt werden. Dies betrifft auch Fälle, in denen im Ausland eine neue Fahrerlaubnis erteilt wurde. Auch deren Nutzung in Deutschland bedarf einer Genehmigung.
Strafrechtliche Relevanz für den Halter: § 21 StVG
Der Halter eines Fahrzeugs sollte sich bewusst sein, dass er sich ggf. gemäß § 21 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) strafbar macht, wenn er jemanden ohne gültige Fahrerlaubnis fahren lässt. Dieser Tatbestand kann auch fahrlässig verwirklicht werden! Diese Regelung verdeutlicht, dass nicht nur der Fahrer selbst, sondern auch der Halter in die Verantwortung genommen wird.
In Anbetracht dieser rechtlichen Rahmenbedingungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass im Fuhrparkmanagement klare Strukturen und Prozesse implementiert werden, um die Compliance im Hinblick auf das Fahrerlaubnisrecht sicherzustellen.
Haftungsdelegation
Die Themen Haftungsdelegation und Compliance sind in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Die Haftung kann in gewissem Maße an einzelne delegiert werden. Fuhrparkleiter und Verkehrsleiter, sofern vorhanden, müssen sicherstellen, dass klare interne Richtlinien und Schulungen existieren, um die Einhaltung der Verkehrsvorschriften sicherzustellen.
Allerdings kann die Haftung auch auf andere zuverlässige Personen delegiert werden.
Die Halterhaftung kann auch delegiert werden. Die Delegation der Haftung an Dritte ist grundsätzlich möglich und kann durch verschiedene Mechanismen erfolgen. Neben den gesetzlichen Regelungen, durch Vorschriften wie § 14 StGB oder § 9 OWiG, kann dies auch durch Rechtsgeschäfte erfolgen. Im Rahmen eines Arbeitsvertrags kann die Haftung z.B. ebenfalls delegiert werden, und in einigen Fällen genügt möglicherweise auch die Stellenbeschreibung des Mitarbeiters. Die Funktion eines Mitarbeiters kann ebenfalls Anlass zur Delegation der Haftung bieten.
Eine gesonderte Beauftragung oder eine individuelle vertragliche Regelung sind weitere Möglichkeiten, die Haftung effektiv an Dritte zu übertragen. Allerdings sollte man im eigenen Interesse klare und nachvollziehbare Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche schriftlich und verbindlich definieren. Im Zweifel will man es nicht auf eine Auslegung ankommen lassen.
So sagte der Bundesgerichtshof im Rahmen einer Entscheidung zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit:
„Die Übernahme entsprechender Überwachungs und Schutzpflichten kann aber auch durch einen Dienstvertrag erfolgen. Dabei reicht freilich der bloße Vertragsschluss nicht aus. Maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung ist vielmehr die tatsächliche Übernahme des Pflichtenkreises. Dabei begründet nicht jede Übertragung von Pflichten auch eine Garantenstellung im strafrechtlichen Sinne. Hinzutreten muss regelmäßig ein besonderes Vertrauensverhältnis, das den Übertragenden gerade dazu veranlasst, dem Verpflichteten besondere Schutzpflichten zu überantworten [vgl. BGHSt 46,196, 202f.;39,392,399]“
BGH, Urt. v. 17.7.2009- 5 StR 394/08 Garantenstellung des Compliance-Verantwortlichen
Fazit
Aus diesen wenigen Beispielen ist ersichtlich, wo auch für Profis Risiken gegeben sind. Im Artikel wurde bewusst auf Aspekte eingegangen, die wahrscheinlich im Gegensatz zur Ladungssicherung und Fahrerqualifikation weniger bekannt sind. Grundsätzlich ist anzuraten, eine umfassende Risiko-Analyse, ggf. unter Hinzuziehung von Fachleuten, durchzuführen, um verdeckte bzw. unbekannte Probleme zu identifizieren und entsprechend zu reagieren. Da der Fuhrpark in vielen Unternehmen mit den Personalkosten die höchsten Kosten verursacht, ist es schon im Eigeninteresse notwendig, auch in diesem Bereich eine ordentliche Compliance umzusetzen und nachzuhalten.
Denn auch hier gilt in der Regel: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!