Daniela Rematore ist eine erfahrene Mobilitätsmanagerin. Im Interview mit mobiliTree gibt Sie den Lesern einen intensiven Einblick in die Arbeit ins Fuhrparkmanagement einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dabei räumt Rematore mit Vorurteilen gegenüber öffentlichen Institutionen wie Körperschaften und Behörden auf. Zudem veranschaulicht Sie wie eine Sortimentsveränderung der Hersteller die Vergabeverfahren einer Körperschaft torpedieren.
Steckbrief
Fuhrparkgröße gesamt: 160 Fahrzeuge im Bestand / Schadenbetreuung für ca 700 Privatfahrzeuge
Nur PKW, andere Fahrzeuge: nur PKW
Verhältnis Kauf/Leasing: 100% Full Service Leasing- exclusive Schadens- und Versicherungsmanagement
Frau Rematore, stellen Sie sich doch bitte kurz unseren Lesern einmal vor
Mein Name ist Daniela Rematore und ich leite das Ressort Steuerung und Betrieb. Seit 2012 bin ich beim Medizinischen Dienst Bayern tätig und kam zuerst als Fuhrparkverantwortliche in das Unternehmen.
Nach ca. vier Jahren haben wir das Fachgebiet Mobilität geschaffen und die Sachgebiete Fuhrpark und Reisestelle unter einem Dach zusammengefasst um den Anforderungen und Änderungen im Reiseverhalten der Mitarbeitenden gerecht zu werden. Zusätzlich war ich für den Bereich Arbeitsschutz und die Versicherungen zuständig.
Zu Beginn diesen Jahres 2023 habe ich die Leitung des Ressorts Steuerung und Betrieb übernommen, zu dem zusätzlich zu den schon genannten Bereichen die Abteilungen Gebäudemanagement, Organisation, Service und Veranstaltungsmanagement gehören.
Wie sind Sie damals in die Rolle des Fuhrparkleiters gekommen?
Ich habe mich auf eine ausgeschriebene Stelle beworben, kam aus gleicher Position in der freien Marktwirtschaft. Ich dachte für einen kurzen Moment, in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts geht es sicher etwas ruhiger zu. Ich konnte ja nicht ahnen, dass der Medizinische Dienst Bayern einem fleißigen Bienenstock in nichts nachsteht.
Welche Aufgabenbereiche der Mobilität decken Sie in Ihrer Funktion ab?
Ich bin für das strategische Fuhrparkmanagement zuständig. Dabei kümmere ich mich um Ausschreibungen, Carpolicy, Dienstwagenverträge, Versicherungsverträge, Rechtsfragen, etc.
Zwei Kolleginnen kümmern sich um das operative Tagesgeschäft: Rechnungsbearbeitung, Schadenmanagement, Betreuung der Dienstfahrzeugnutzer-innen und Abwicklung der Fahrzeugrückläufer und Neuauslieferungen (immer direkt mit den Nutzer-innen vor Ort).
Eine Besonderheit in unserem Unternehmen ist, dass wir uns komplett selbstständig um das Thema Schadenmanagement kümmern. Von der Schadenmeldung, Kostenvoranschlag, Reparaturfreigabe bis zu den Abrechnungen mit den Versicherern . Dies nicht nur für unsere Leasingfahrzeuge- sondern auch für die rund 700 Privatfahrzeuge, welche unsere Mitarbeitenden für dienstliche Zwecke nutzen im Rahmen der Dienstreisekaskoversicherung.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit besonders gut?
Die Vielfältigkeit – jeder Tag ist anders. Man muss flexibel sein und sich auf unterschiedlichste Gegebenheiten einlassen.
Und worauf könnten Sie gerne verzichten?
Da wir als Körperschaft dem Vergabeverfahren unterliegen ist es für mich ein Graus, wenn ein Hersteller plötzlich Fahrzeuge aus dem Programm nimmt und mich zur vorzeitigen Ausschreibung zwingt: z.B. mit der Einstellung der Produktion des Ford Fiesta muss ich nun schon zwei Jahre früher unsere Flotte ausschreiben
Inwiefern haben sich die Aufgaben und Anforderungen in Ihrem Fuhrpark im Laufe der Jahre verändert?
Grundsätzlich ist das Arbeiten im Fuhrparkbereich genauso herausfordernd wie schon vor 15 Jahren, als ich in diesem Segment meine ersten Schritte machte. Mittlerweile bin ich aber sehr froh, immer mehr Frauen im Fuhrparkmanagement vor zu finden. Im Medizinischen Dienst Bayern ist die gesamte betriebliche Mobilität in weiblicher Hand!
Die Anforderungen haben sich nicht verändert, nur die Gegebenheiten: mehr Technik in den Fahrzeugen, Kostensteigerungen im gesamten Bereich wie beim Fahrzeug selbst, Betriebskosten, etc.
Hier ein ausgewogenes Verhältnis zu schaffen, ist vielleicht die größte Herausforderung.
Was denken Sie, wo sich in den kommenden Jahren noch mehr verändern wird?
Die größte Veränderung gibt der Gesetzgeber vor, in meinem Bereich durch das Gesetz „zur Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge“ (clean vehicles directive), welches mich in meiner nächsten Ausschreibung auffordert, rein elektrisch auszuschreiben.
Welche Elemente der betrieblichen Mobilität liegen noch in Ihrem Verantwortungsbereich?
Zu unserem Fachgebiet Mobilität gehört das Team der Reisestelle. Fünf fleißige Damen sind tagein- tagaus damit beschäftigt rund 3.000 Dienstreiseabrechnungen und Anträge pro Monat zu bearbeiten: Es beginnt mit der Freigabe der digitalen Dienstreiseanträge nach wirtschaftlicher Prüfung für das gesamte Unternehmen. Es werden Hotels, Zugtickets, bei Bedarf auch Flugtickets oder Mietfahrzeuge gebucht und später werden dann evtl. noch zusätzlich angefallene Reisekosten über den Workflow unserer Reisekostensoftware abgerechnet.
Wie wird sich die betriebliche Mobilität Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren verändern?
Die Mobilität wird nachhaltiger werden müssen, schon jetzt nutzen wir nur noch sehr selten Flüge. Für unsere Kolleginnen und Kollegen hat sich die neue Sprinterstrecke der DB nach Berlin als sehr gut erwiesen. Bei der DB muss deutlich mehr passieren in punkto Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Preis- Leistungverhältnis. Viel zu oft fahren Mitarbeitende eine lange Strecke lieber mit dem Auto statt mit der Bahn- einfach aus Sorge, dass sie es sonst zeitlich nicht schaffen oder in einer Stadt liegen bleiben.
Wie stellen Ihr Unternehmen auf diese Veränderungen ein?
Wir bereiten die Ausschreibung einer Ladeinfrastruktur unserer 24 Standorte vor und werden bei der nächsten Ausschreibung der Dienstfahrzeuge vollelektrisch ausschreiben. Eine ganz schöne Herausforderung vor allem im Kleinwagensegment ein Fahrzeug mit ausreichend Reichweite zu finden um Zwischenladungen während der Arbeitszeit zu vermeiden…
Zudem werden wir unseren Mitarbeitenden einen Zuschuss zum 49 € Ticket geben, um auch hier Anreize zur Nutzung des ÖPNV zu schaffen. Weiterhin hoffen wir auf eine Öffnungsklausel im Manteltarifvertrag, um die Möglichkeit eines Dienstrades anzubieten
Welche Lösungen kommen in Ihrem Fuhrpark zum Einsatz?
Entgegen der landläufigen Meinung sind wir als Teilbehörde nicht mehr mit dem Fax unterwegs sondern sehr digital aufgestellt:
- Digitales Fahrtenbuch mit elektronischer Führerscheinkontrolle
- Digitale Fahrzeugakte
- Digitales Schadenmanagement
- Digitales Rechnungsmanagement
Gibt es ein besonderes Erlebnis oder ein Highlight aus Ihrer Tätigkeit im Fuhrpark?
Im strategischen Fuhrparkmanagement gibt es nicht so viele Highlights, da bewege ich mich stark im Vertrags- und Leasingrecht. Hingegen liebe ich es, manchmal den Telefonaten meiner Kolleginnen im operativen Bereich zu lauschen. Jeder Fuhrparkverantwortliche weiß um die spannenden Telefonate mit Nutzer-innen und Werkstätten. Wenn wir Fahrzeuge zurück nehmen machen wir das in Sammelauslieferungen direkt bei unserm Händler. Auch hier finde ich immer wieder spannend, wie die ein oder andere Beule am Fahrzeug vorher gar nicht da war…
Sie sind seit vielen Jahren treuer Besucher des Flottentags. Wie würden Sie den Flottentag einem Mobility Manager beschreiben, der bislang noch nicht dabei war?
Der Flottentag ist eine Veranstaltung, auf die ich mich jedes Jahr immer wieder sehr freue. Es ist wie ein Familientreffen! Im kleinen Kreis findet man die wichtigsten Anbieter komprimiert vor, kommt schnell in Gespräche und kann sich hervorragend austauschen.
Über den Medizinischen Dienst Bayern
Der Medizinische Dienst Bayern (MD Bayern) ist der unabhängige sozialmedizinische und pflegefachliche Beratungs- und Begutachtungsdienst von über 10 Mio. gesetzlich kranken- und pflegeversicherten Bürgern in Bayern. Im Jahr 2022 haben die fast 1.600 angestellten Fachkräfte des Medizinische Dienst Bayern – überwiegend Ärzte und Pflegekräfte – in den 24 Beratungs- und Begutachtungszentren in Bayern mehr als 1,3 Millionen Gutachten, Empfehlungen und Einzelfallprüfungen im medizinischen und pflegerischen Bereich durchgeführt