Audi’s Vision für die Zukunft des Elektroauto-Ladens
Jens van Eikels, Leiter des Projekthauses Laden bei Audi, gibt im Interview einen detaillierten Einblick in die Bestrebungen des Unternehmens, den Ladevorgang für Elektroautos zu optimieren und zu einem Premiumerlebnis zu machen. Das Projekthaus Laden, als Zentrale aller Themen rund um Laden, Infrastruktur und Technologie bei Audi, spielt eine Schlüsselrolle in dieser Vision.
Drei Säulen des Erfolgs in der E-Mobilität
Van Eikels betont, dass der Erfolg der E-Mobilität auf drei Hauptfaktoren basiert: überzeugende Autos, Konnektivität und umfassende Lade- und Serviceangebote. Audi legt besonderen Wert auf eine hohe Ladeperformance ihrer E-Modelle und konzentriert sich auf die nahtlose Integration von Smartphone und Fahrzeug für eine effiziente Routenplanung.
Laden zu Hause und unterwegs
Das Unternehmen unterscheidet zwischen dem Laden zu Hause und dem Laden unterwegs, wobei letzteres insbesondere auf Langstreckenmobilität und schnelles Aufladen in Stadtzentren fokussiert. Audi hat bereits innovative Ladelösungen wie die Audi charging hubs eingeführt, die ein bequemes und schnelles Laden ermöglichen.
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Premiumladen durch Innovation
Van Eikels definiert Premiumladen als einfach, schnell und in einer angenehmen Umgebung. Audi setzt auf Kabelhaltersysteme für ergonomisches Laden, große Displays und barrierearme Ladestecker. Plug & Charge-Funktionalität und ansprechende Loungebereiche in Audi charging hubs bieten zusätzlichen Komfort.
Kundenerwartungen und Herausforderungen
Die Kunden erwarten zuverlässige Lademöglichkeiten und kurze Ladestopps. Audi arbeitet daher an der Verbesserung der Ladeperformance ihrer Fahrzeuge. Ein 10-minütiger Ladestopp soll in Zukunft bis zu 250 Kilometer Reichweite ermöglichen.
Unterscheidung von Wettbewerbern
Audi setzt sich durch das citynahe Konzept des Audi charging hub und die Partnerschaften mit starken Ladeinfrastrukturanbietern wie Electrify America und IONITY von Wettbewerbern ab. Zudem bietet Audi flexible und komfortable Ladelösungen für zu Hause an.
Zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen
Während Audi mit den aktuellen Ladelösungen bereits erfolgreich ist, strebt das Unternehmen nach einer kontinuierlichen Verbesserung und Erweiterung ihres Angebots. Bidirektionales Laden und die Nutzung von dynamischen Stromtarifen stehen im Fokus zukünftiger Entwicklungen.
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Das vollständige Interview
Wer sein Elektroauto lädt, will das ohne Mühe und entspannt erledigen – und nicht bei jedem Ladevorgang Preise vergleichen oder auf Ladepunkte eines bestimmten Anbieters angewiesen sein. Jens van Eikels, Leiter Projekthaus Laden der AUDI AG, kennt die Wünsche und Erwartungen der Fahrer_innen von Elektroautos. Im Interview gibt der Experte einen Einblick, wie Audi den Ladevorgang selbst und die verschiedenen Lade- und Serviceangebote noch einfacher und attraktiver gestalten will. Das Projekthaus Laden fungiert bei Audi als Zentrale für alle Themen rund um Laden, Infrastruktur und Technologie.
Warum kümmert sich Audi so intensiv um das Thema Laden?
Jens van Eikels: Grundsätzlich ist der Erfolg der E-Mobilität von drei Faktoren abhängig. Erstens müssen natürlich die Autos überzeugen. Das gilt vor allem für die Qualität der Fahrzeuge und deren Ladeperformance, auf die wir bei Audi sehr großen Wert legen. Uns ist wichtig, dass sich die Ladekurve der E-Modelle über einen längeren Zeitraum auf einem hohen Niveau befindet. Das heißt, dass über lange Zeit viel geladen werden kann. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Konnektivität. Damit meine ich in erster Linie die Verbindung des Smartphones mit dem Fahrzeug, um die Route mit Ladevorgängen zuverlässig planen zu können oder das Fahrzeug vorab zu klimatisieren. Die dritte wichtige Säule sind die Lade- und Serviceangebote. Hier unterscheiden wir zwischen dem Laden zu Hause und dem Laden unterwegs. Im Fokus dabei steht die Langstreckenmobilität mit der Möglichkeit, komfortabel im In- und Ausland zu laden. Hinzu kommt das schnelle Aufladen im Umfeld der Stadtzentren. Dieses Angebot ist wichtig für diejenigen, die keine Möglichkeit haben, zu Hause oder beim Arbeitgeber zu laden. Gerade im innerstädtischen Umfeld setzt Audi mit den Audi charging hubs wichtige Akzente. Im Projekthaus Laden bearbeiten wir sämtliche Ladeszenarien und entwickeln für unsere Kund_innen komfortable Lösungen.
Wie will Audi das Laden von einer Notwendigkeit zum Premiumerlebnis wandeln?
Van Eikels: Wichtig ist, dass für alle Bedürfnisse des Ladens von uns ein adäquates Angebot bereitsteht. Dies bildet die Basis für ein positives Ladeerlebnis. Premiumladen heißt deshalb für mich: einfach, schnell und in angenehmer Umgebung zu laden. All diese Eigenschaften haben wir bereits an den Audi charging hubs umgesetzt. Dazu zählt auch die Funktion Plug & Charge. An kompatiblen Ladesäulen autorisiert sich das Fahrzeug beim Einstecken des Ladekabels selbst und schaltet den Ladevorgang an der Säule frei. Die Abrechnung erfolgt dann vollautomatisch. Außerdem setzen wir an all unseren Ladesäulen in den charging hubs auf Kabelhaltersysteme, die hinsichtlich Ergonomie und Komfort das Laden für die Kund_innen erleichtern. Barrierearm angebrachte Ladestecker und große, informative Displays ergänzen das positive Ladeerlebnis. Am Audi charging hub in Nürnberg gibt es eine Lounge, die anderen Standorte befinden sich in belebten urbanen Gegenden mit wertigen Essens- oder Einkaufsmöglichkeiten. Aber auch Kund_innen, die keinen Audi charging hub in der Nähe haben, können ab 2024 mit einer neuen Lösung ihre Ladezeit sinnvoll und angepasst an ihre individuellen Bedürfnisse nutzen.
Was wünschen sich die Kund_innen beim Laden und was ist nach wie vor deren größter Kritikpunkt?
Van Eikels: Die früher häufiger geäußerte Kritik wegen fehlender Lademöglichkeiten ist deutlich zurückgegangen. Gerade hierzulande passt aktuell das Verhältnis Ladeinfrastruktur zu den zugelassenen E-Fahrzeugen. Wir wissen aber auch, dass eine alltagstaugliche Reichweite mit kurzen Ladestopps ein entscheidender Schritt zu mehr Akzeptanz der E-Mobilität ist. Deshalb liegen für Audi die Schwerpunkte in der Weiterentwicklung der E-Fahrzeuge auf diesen beiden Faktoren, wobei kurze Ladestopps in erster Linie durch eine überzeugende Ladeperformance ermöglicht werden. Bei den neuen Fahrzeugen auf der Premium Platform Electric genügt zukünftig ein 10-minütiger Ladestopp an einer HPC-Säule für rund 250 Kilometer. In gut 20 Minuten ist die Batterie von zehn bis auf 80 Prozent aufgeladen.
Wie differenziert sich Audi beim Laden vom Wettbewerb?
Van Eikels: Mit dem citynahen Konzept des Audi charging hub hat Audi beim High-Power-Charging(HPC)-Laden bereits sehr früh ein Kundenangebot geschaffen, das voll auf eine angenehme Gestaltung der Ladezeit abzielt. In China stehen unsere gebrandeten Ladesäulen, deren Anzahl sehr schnell wächst, als Eckpfeiler für ein Premium-Ökosystem. An attraktiven Standorten stehen die Ladepunkte mit Reservierungs- und Plug-&-Charge-Funktionalität für eine zukunftsorientierte Infrastruktur, die dem wachsenden Ladebedarf insbesondere in den Metropolen gerecht wird. Mit starken Partnern wie Electrify America für die USA, IONITY für Europa oder CAMS in China hat der Volkswagen Konzern Beteiligungen an sehr potenten Schnellladenetzen. In Deutschland arbeiten wir darüber hinaus mit Partnerunternehmen wie Elli zusammen – einer Marke der Volkswagen Group für Energie- und Ladelösungen. Mit dem Netzwerk unserer Selected Partner können wir für unsere Kund_innen im öffentlichen Bereich auf IONITY, Aral pulse und Ewiva zurückgreifen, die für hochwertiges HPC-Laden in Verbindung mit attraktiven Tarifen unseres Ladebezahldienstes Audi charging stehen. Und wenn es um das Laden zu Hause geht, bieten wir mit dem modularen e-tron Ladesystem kompakt und dem optionalen Ladesystem connect maximale Flexibilität, die es sogar erlaubt, Kosten- und PV-optimiert zu laden.
Gibt es noch Lücken, die Audi schließen muss?
Van Eikels: Wir sind dann zufrieden, wenn das Angebot jederzeit vollumfänglich ist und die Zuverlässigkeit im Zusammenspiel zwischen Fahrzeug, Navigation und Ladeinfrastruktur in ein reibungsloses und fehlerfreies Erlebnis mündet. Das wird entscheidend dazu beitragen, dass jede_r die Vorteile der Elektromobilität erkennen kann.
Stichwort Kundenangebot: Wie gut wird der Ladedienst Audi charging angenommen?
Van Eikels: Wir sind sehr zufrieden mit den Vertragsabschlüssen und dem Grad, wie unsere Kund_innen Audi charging mit seiner breiten Abdeckung und seinen einfachen Tarifmodellen nutzen. Damit bewegen wir uns europaweit in einem sehr wettbewerbsfähigen und einheitlichen Preisumfeld. Pro Monat kommen rund 5.000 Neukund_innen hinzu. Seit Jahresbeginn wurden von Audi Kund_innen mehr als 17 Millionen kWh (Stand 13.12.2023) geladen – davon stolze 85 Prozent in Schnellladenetzen. Eine Vielzahl unserer Kund_innen setzt auch nach dem ersten Jahr, in dem Audi die Grundgebühr für den Ladedienst übernimmt, weiter auf Audi charging. Für uns ein Indiz, dass wir mit dem Angebot den Nerv unserer Kund_innen treffen. Mittlerweile sind 29 Länder in Europa mit rund 600.000 Ladepunkten verfügbar. Wir wissen auch, dass der Audi charging hub in Nürnberg der meistfrequentierte Ladepunkt unserer Audi charging-Kunden in Europa ist, was unsere Strategie, auf die Premium-HPC-Ladenetze zu setzen, eindrucksvoll bestätigt.
Welche Rolle spielt das Thema Laden für Mitarbeitende? Und welche Maßnahmen ergreift Audi an den Standorten?
Van Eikels: Laden am Arbeitsplatz ist natürlich ein wichtiger Faktor für diejenigen, die zu Hause oder im unmittelbaren täglichen Nutzungsprofil ihres Fahrzeuges keine Lademöglichkeit haben. Für sie sind verlässliche Alternativen besonders relevant. Audi war es deshalb wichtig, mehr als fünf Prozent der Parkplätze für unsere Mitarbeitenden zu elektrifizieren.
Wie hat sich die Ladeinfrastruktur im abgelaufenen Jahr generell weiterentwickelt?
Van Eikels: Die Entwicklung der öffentlichen Ladeinfrastruktur hat sich in den letzten Jahren nahezu in allen Weltregionen deutlich beschleunigt. Mit aktuell über 740.000 Ladepunkten in Europa hat sich die Anzahl seit Ende 2021 nahezu verdoppelt. Es bestehen aber immer noch große regionale Unterschiede. Auf Deutschland entfallen 2023 mehr als 120.000 Ladepunkte. Gemessen am aktuellen Volumen von rund 1,3 Millionen rein elektrischer Fahrzeuge in Deutschland ist das ein guter Wert. Um dieses Verhältnis auch mit den zukünftig steigenden Volumen aufrechtzuerhalten, muss weiter verstärkt am Ausbau der Ladeinfrastruktur gearbeitet werden. Was wir auch sehen, ist die überproportionale Entwicklung der HPC-Schnellladeinfrastruktur. Diese hat sich in Deutschland um den Faktor 4,5 und in Europa sogar um den Faktor 6,8 seit Ende 2021 vervielfacht.
In welchen Märkten setzt Audi beim Thema Laden Maßstäbe?
Van Eikels: Natürlich haben die großen Volumenmärkte China, USA und die Region Europa für Audi höchste Priorität. Aber wir kümmern uns auch um Länder wie Brasilien, Indien oder Südafrika. Dort waren wir die Ersten, die eine Schnellladeinfrastruktur über den Händlerverband angeboten haben. Die Transformation zur E-Mobilität findet nicht nur in den großen Märkten statt. Wenn wir international Projekte umsetzen, nutzen wir meist unsere Importeurs- und Händlerstrukturen. Wir möchten, dass unsere Kund_innen in der ganzen Welt die Vorteile unserer sehr schnell ladenden Fahrzeuge nutzen können. Dafür bedarf es auch einer entsprechenden HPC-Infrastruktur und diese wollen wir in vielen Märkten forcieren.
Wie viel Speicherkapazität kann Audi aus Second-Life-Batterien bereitstellen?
Van Eikels: Die Batteriespeicher mit Second-Life-Modulen zur Stützung des Energiebedarfs der Ladeinfrastruktur kommen mittlerweile an vielen Stellen zur Anwendung. Bekannt ist der Einsatz in den Audi charging hubs. Aber auch die interne Ladeinfrastruktur wird beispielsweise in Neckarsulm von drei Batterie-Cubes mit 525 kWh unterstützt. Darüber hinaus betreiben wir noch fünf mobile Ladecubes und zwei große Containerlösungen mit Batterien aus unseren Altfahrzeugen, die den Strom dorthin bringen, wo er gerade benötigt wird. Die nutzen wir mobil in der Regel für Veranstaltungen. Beispiele sind das Weltwirtschaftsforum in Davos oder der Einsatz an Wochenenden in Skigebieten Norwegens. Da die Cubes fast immer ausgebucht sind, denken wir darüber nach, das Angebot zu erweitern. Damit sind wir in der Lage, den Strom variabel und netzdienlich zu beziehen. Also dann, wenn Strom ausreichend vorhanden und günstig ist.
Welche Rolle spielt Grünstrom für Audi? Welche Projekte werden unterstützt? Und welche Kooperationen gibt es?
Van Eikels: Schon seit dem Start des Audi e-tron 2019 bieten wir unseren Kund_innen Grünstromverträge in Deutschland über den Konzernpartner VW Naturstrom an. Ein Solarpark in Mecklenburg-Vorpommern mit 420.000 Solarmodulen ist das erste deutsche Projekt zur Ausweitung des Grünstromangebots, das Audi in Zusammenarbeit mit dem deutschen Energieunternehmen RWE realisiert. Für Audi ist es sehr wichtig, dass E-Autos mit Grünstrom geladen werden.
Welche Zukunftsthemen sind für Audi beim Laden wichtig?
Van Eikels: Viele sehen hier das bidirektionale Laden als das Zukunftsthema – wir auch. Zu diesem Zweck proben wir bereits das bidirektionale Laden mit größeren Batteriespeichern. Der Multi-Use-Speicher auf dem EUREF-Campus in Berlin mit einer Kapazität von 1,9 MWh nutzt wie der Audi charging hub gebrauchte Lithium-Ionen-Batterien aus Entwicklungsfahrzeugen und erprobt als Reallabor verschiedene Interaktionsszenarien zwischen E-Autos und dem Energienetz. Aber es gibt noch viel mehr, was das Fahren mit E-Modellen noch attraktiver macht. Schon heute kann ich in Verbindung mit dem Ladesystem connect meinen eigenen Photovoltaikstrom optimal nutzen. Auf diese Weise lässt sich das Auto bevorzugt mit selbsterzeugtem Strom laden. Darüber hinaus haben wir natürlich weitere Themen rund um das Laden in der Zukunft im Blick. Dazu zählt unter anderem auch das optionale Angebot von dynamischen Stromtarifen in Deutschland ab 2025.
Quelle: Audi
Kurzbiografie |
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Jens van Eikels, 1971 in Homberg geboren, absolvierte eine Ausbildung zum Industriemechaniker. Nach dem Studium des allgemeinen Maschinenbaus an der Universität Kassel und einer Diplomarbeit bei Daimler Benz begann seine berufliche Laufbahn bei Audi im Jahr 1998 in der Qualitätssicherung. Nach diversen Stationen in der Qualitätssicherung hatte van Eikels dort mehrere Führungspositionen inne. 2010 war Jens van Eikels Gesamtprojektleiter für den Audi A3 e-tron, den ersten Plug-in-Hybrid der Marke. Seine Erfahrung und seine Pionierrolle in Sachen Elektrifizierung brachte er anschließend als Leiter für das erste vollelektrische Modell – den Audi e-tron – und als Leiter für die gleichnamige Modellreihe ein. Seit 2021 leitet Jens van Eikels das Projekthaus Laden der AUDI AG. |