Die Einführung von „i-Kfz“, der internetbasierten Fahrzeugzulassung, sollte den Prozess der Fahrzeugzulassung revolutionieren und vereinfachen. Trotz der Bemühungen, den Vorgang zu digitalisieren, stößt das System sowohl bei Autobesitzern als auch bei Kommunen auf erhebliche Herausforderungen. Die Vision einer vereinfachten Online-Zulassung kollidiert mit der Realität komplexer und oft frustrierender digitaler Prozesse.
Ein ambitioniertes Projekt mit gemischten Ergebnissen
Seit der Einführung der Möglichkeit, Fahrzeuge online außer Betrieb zu setzen im Jahr 2015, bis zur Erweiterung um An- und Ummeldungen für Privatpersonen im Jahr 2019, hat das Bundesverkehrs- und Digitalministerium die Gebühren für alle Zulassungsvorgänge via Internet gesenkt und Autohäusern sowie Zulassungsdienstleistern den Zugang erleichtert. Diese Maßnahmen sollten eine „kleine Revolution“ in der Verwaltungsdigitalisierung darstellen. Trotzdem bleibt die Nutzung hinter den Erwartungen zurück, mit lediglich 300.000 Vorgängen im Herbst im Vergleich zu rund 20 Millionen Gesamtvorgängen jährlich.
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Technische und praktische Barrieren
Autobesitzer, die den Online-Zulassungsprozess nutzen möchten, stehen vor zahlreichen technischen und praktischen Hürden. Die Notwendigkeit eines onlinefähigen Personalausweises mit eID-Funktion, eines Smartphones mit spezifischer App und einer elektronischen Versicherungsbestätigung erschwert vielen den Zugang. Hinzu kommt die Verwirrung um das Freilegen von Sicherheitscodes auf der Zulassungsbescheinigung, was zu Unsicherheit und Frustration führt.
Kommunen zwischen Investition und Einnahmeverlust
Für Kommunen stellt die Einführung von „i-Kfz“ eine finanzielle Belastung dar, da Investitionen in IT-Infrastruktur und digitale Prozesse notwendig sind, während die geringe Nutzung zu einem Rückgang der Gebühreneinnahmen führt. Trotz der hohen Investitionen in die Digitalisierung des Zulassungsprozesses bleibt die Akzeptanz und Nutzung durch die Bürgerinnen und Bürger weit hinter den Erwartungen zurück.
Zeit- und Kostenaufwand
Florian Cichon, der Geschäftsführer der „Premiumzulasser“ Genossenschaft, einer der größten Netzwerke von Zulassungsdienstleistern in Deutschland mit einer Präsenz in über hundert Städten, teilt seine Frustration. „Im letzten Jahr haben wir über unser Netzwerk 1,6 Millionen Registrierungsvorgänge abgewickelt. In der Theorie könnten 60 bis 70 Prozent davon digital über ‚i-Kfz‘ erfolgen. Tatsächlich bearbeiten wir jedoch momentan maximal 1.500 solcher Vorgänge monatlich. Dies führt zu unnötigem Mehraufwand und finanziellen Verlusten“, erklärt er. Trotz der Behauptung des Bundes, dass mit der Einführung der letzten Phase von ‚i-Kfz‘ die Registrierungsprozesse vollständig digitalisiert würden, erfordern viele Vorgänge weiterhin manuelle Eingriffe. Cichon fügt hinzu: „Aktuell werden lediglich 30 Prozent unserer Vorgänge vollautomatisch verarbeitet, während 70 Prozent wieder in den manuellen Prozess übergehen müssen.“
Mehr Aufwand als Direktbesuch beim Amt
Diese Einschätzung teilt auch der Verwaltungsforscher Philipp Gräfe durch seine ersten Untersuchungsergebnisse. Noch problematischer wird es, wenn man hört, was von den Leitern der Behörden berichtet wird: Neue, händische Abläufe wurden in den Verwaltungsprozess eingegliedert. Zum Beispiel ist es nun nötig, dass Mitarbeiter die Unterlagen für die Zulassung und die Plaketten im Rahmen des Online-Verfahrens ausdrucken und per Post versenden müssen.
Sollte ein Nutzer unpräzise Angaben machen, wie etwa einen zweiten Vornamen auslassen, wird dadurch ein Schriftverkehr initiiert. „Auf diese Weise wird das ‚i-Kfz‘-Verfahren sogar zeitaufwendiger als ein Besuch am Schalter. Dies steht im klaren Gegensatz zu unserer Vorstellung von Digitalisierung“, erläutert Gräfe seine überraschende Feststellung. „Die Vision der Digitalisierung wird durch ‚i-Kfz‘ teilweise ins Lächerliche gezogen.
Glücklich kann sich schätzen, wessen Online-Antrag überhaupt zeitnah in einem digital-analogen Verfahren bearbeitet wird: „Ein Großteil der Zulassungsstellen ist aktuell noch nicht in der Lage, ‚i-Kfz‘ umzusetzen“, erklärt Cichon. Von mehr als 400 Stellen arbeiten tatsächlich nur 100 online mit. „Gründe hierfür sind unter anderem Personalknappheit, hohes Arbeitsaufkommen, Krankheitsfälle oder die Umstellung von IT-Systemen.“
„Jedes Rubellos geht besser“
Bürger, Unternehmen und Dienstleister für Fahrzeugzulassungen finden sich in der misslichen Lage eines Digitalisierungschaos, verursacht durch die Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Kommunen und IT-Dienstleistern. Doch es gibt auch positive Aspekte: „Im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung gehört das ‚i-Kfz‘-Verfahren zu den fortschrittlicheren Angeboten“, stellt Forscher Gräfe fest.
Insbesondere im Bereich der Fahrzeuganmeldung zeigt sich ein Silberstreif am digitalen Horizont: „Mit Online-Terminbuchungssystemen, die 90 Prozent der Gemeinden einsetzen und so die Wartezeiten reduzieren, fragt man sich, warum man sich den digitalen Anmeldeprozess überhaupt antun sollte.“ Diese Ansicht teilt auch Zulassungsexperte Cichon: „Es ist ratsamer, einen Zulassungsdienstleister zu beauftragen oder nach dem nächstmöglichen Termin bei der Zulassungsstelle Ausschau zu halten. Falls dieser nicht allzu weit in der Zukunft liegt, erweist sich das digitale Verfahren oft als langsamer im Vergleich zum persönlichen Besuch.“
Gerade dieser persönliche Besuch wurde erforderlich, nachdem der Versuch, den Sicherheitscode auf der Zulassungsbescheinigung Teil II freizulegen, gescheitert war. „Wir begegnen diesem Problem regelmäßig“, so ein einfühlsamer Mitarbeiter der Zulassungsstelle. „Jedes Ein-Euro-Rubbellos aus dem Kiosk geht besser.“
Die Zukunft der Online-Zulassung: Eine offene Frage
Die Herausforderungen und Hindernisse, die mit der Umsetzung von „i-Kfz“ verbunden sind, werfen Fragen hinsichtlich der Effizienz und Benutzerfreundlichkeit digitaler Verwaltungsdienste auf. Während die digitale Transformation der Fahrzeugzulassung das Potenzial hat, den Prozess für die Bürger zu vereinfachen, sind weitere Anstrengungen und Verbesserungen notwendig, um die Akzeptanz und Nutzung zu steigern.