Zwischen Verfügbarkeit und Verhalten
Die digitale Schadenmeldung beim Auto gilt als zentraler Bestandteil moderner Kfz-Versicherungsprozesse. Technisch ist sie vielerorts vollständig implementiert, Prozesse sind online verfügbar und durch künstliche Intelligenz gestützt. Dennoch bleibt die tatsächliche Nutzung hinter den Erwartungen zurück. Woran liegt das? Eine groß angelegte Studie hat Antworten auf genau diese Frage geliefert – und zeigt: Die Lücke zwischen technischer Machbarkeit und realem Nutzerverhalten ist größer als gedacht.
Emotion statt Technik: Die Schadenmeldung beginnt im Kopf
Ein Autounfall stellt für Betroffene eine stark emotionale Belastung dar. Zwei Drittel der Schäden werden noch am selben Tag gemeldet – oft in einem Zustand der Überforderung. In dieser Situation wünschen sich Versicherte vor allem Kontrolle und Orientierung. Genau hier könnte die digitale Schadenmeldung am Auto ihren größten Mehrwert bieten – vorausgesetzt, sie wird als intuitiv, empathisch und verlässlich wahrgenommen. Doch derzeit fehlen oft Vertrauen, klare Kommunikation und eine durchgängige Nutzerführung.
Warum wird die digitale Schadenmeldung so selten genutzt?
Trotz breiter Bekanntheit – 75 % der Befragten wissen um die Möglichkeit einer Online-Schadenmeldung – nutzt nur etwa ein Drittel diese Option. Die Studie zeigt: Der entscheidende Hemmschuh ist die wahrgenommene Nützlichkeit. Ist diese nicht klar erkennbar, greifen viele lieber zum Telefon. Der Hotline-Anruf ist vertraut, verspricht menschlichen Kontakt – und ist frei von Technikfrust. Aus Gewohnheit und Unsicherheit wird so der digitale Kanal umgangen.
Vertrauensbarrieren: Fehlendes Zutrauen und technische Skepsis
Digitale Systeme werden von vielen Nutzern mit Risiken und Fehleranfälligkeit assoziiert. Die Angst, etwas falsch zu machen oder bei Problemen allein gelassen zu werden, hemmt die Bereitschaft zur Nutzung. Gleichzeitig zeigt sich: Wer bereits Erfahrungen mit der digitalen Schadenmeldung gesammelt hat, ist überzeugt – und würde sie erneut nutzen. Die Herausforderung liegt also nicht im Prozess selbst, sondern in der initialen Überwindung der Einstiegshürde.
Was Nutzer wirklich wollen: Schnell, klar, effizient
In einer vertiefenden Analyse wurde ermittelt, welche Merkmale aus Nutzersicht besonders wichtig sind. Die klare Top-3:
Zeitliche und örtliche Flexibilität
Transparente Abläufe
Hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit
Auffällig: Der persönliche Kontakt ist weniger relevant – solange das digitale System Vertrauen schafft und verständlich gestaltet ist. Digitale Schadenmeldung muss also nicht persönlich sein, aber menschlich wirken.
Künstliche Intelligenz als Beschleuniger der Entwicklung
Moderne Systeme gehen längst über einfache Formulare hinaus. KI-gestützte Schadenprozesse ermöglichen sofortige Analyse, Prognosen zur Bearbeitungszeit und gezielte Empfehlungen. Das führt zu einem echten Nutzen: weniger Aufwand, mehr Klarheit, keine Wartezeiten. Damit wird die digitale Schadenmeldung beim Auto zu einem echten Werkzeug für mehr Sicherheit und Effizienz – genau dann, wenn es gebraucht wird.
Was Versicherer jetzt tun müssen
Die digitale Schadenmeldung hat das Potenzial, den klassischen Schadenprozess substanziell zu verbessern – emotional, kognitiv und funktional. Damit sie sich durchsetzt, müssen Versicherer jedoch die psychologischen Barrieren verstehen und adressieren. Nur wenn der digitale Kanal als gleichwertige, wenn nicht sogar bessere Alternative zur Hotline empfunden wird, wird er zur bevorzugten Wahl der Versicherten. Ein klarer Fokus auf Nutzerführung, Vertrauen und verständliche Kommunikation ist entscheidend.