Dipl.-Ing. Peter Siegert ist erfahrener Leiter Vertrieb Flotte E-Mobilität bei der EnBW mobility+ AG. Er verantwortet das EnBW mobility+ Business Professional Produkt, die ganzheitliche Lösung für das Laden am Arbeitsplatz, zu Hause und unterwegs, welches die EnBW zusammen mit ihrem Partner SMATRICS anbietet. Im Interview gibt er Einblicke in Herausforderungen bei der Umstellung des Fuhrparks eines Unternehmens auf Elektromobilität sowie die Abrechnung unterschiedlicher Ladeszenarien. Außerdem geht er auf die Rolle politischer Rahmenbedingungen und Ladekarten im Flottenmarkt ein und gibt einen kurzen Zukunftsausblick des Flottengeschäfts.
Die EnBW bietet mit ihrem EnBW mobility+ Business Professional Produkt eine maßgeschneiderte Komplettlösung für gewerblich genutzte Fuhrparks an. Was sind die wesentlichen Inhalte des Angebots?
Wir bieten unseren Kund*innen eine Komplettlösung an, die aus den drei Produktkomponenten Laden am Arbeitsplatz, Laden zu Hause und Laden unterwegs besteht. Mit der Lösung „Laden am Arbeitsplatz“ bieten wir Mitarbeiter*innen mit E-Dienstwagen, Poolfahrzeugen oder privaten E-Autos eine Lademöglichkeit am Unternehmensstandort. Bei der Produktkomponente „Laden zu Hause“ bieten wir Mitarbeiter*innen eine einfache und preiswerte Ladeoption, indem sie sich per App oder Ladekarte an der heimischen Wallbox authentisieren und den Firmenwagen bequem zu Hause aufladen können. Die Lösung „Laden unterwegs“ ermöglicht den Zugang zum EnBW HyperNetz mit dem größten Ladenetz in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie zahlreichen Ladepunkten in Europa. Mit der EnBW mobility+ App oder Ladekarte kann an über 600.000 Ladepunkten in 17 europäischen Ländern zu transparenten Preisen geladen werden. Für eine reibungslose Nutzung der Produktkomponenten muss die Lade- und Abrechnungslösung mehrere Funktionen zuverlässig erfüllen. Zum einen müssen Fahrzeuge in der Firma geladen und je nach Unternehmenskonstrukt ggf. abgerechnet werden können. Zum anderen müssen Daten aus dem Laden im öffentlichen Raum aggregiert werden. Zusätzlich zur Produktkomponente Laden am Arbeitsplatz, welche nicht öffentliche Ladeinfrastruktur am Unternehmensstandort vorsieht, bietet die EnBW auch eine Wallbox für zu Hause inkl. individueller Kostenrückerstattung für Dienstwagenfahrer*innen an. Für die Nutzer*innen bleibt es bei einer App oder Ladekarte für alle drei Anwendungsfälle.
Welche Kunden adressiert die EnBW mit dieser Lösung?
Jedes Unternehmen mit Sitz in Deutschland und eigener E-Flotte, unabhängig von der Größe der Flotte.
EnBW mobility+ Business Professional
Die Komplettlösung vom besten E-Mobilitätsanbieter Deutschlands: für das Laden am Arbeitsplatz, zu H
Welche Herausforderungen sieht die EnBW für Unternehmen bei der Umstellung auf Elektromobilität in ihren Fuhrparks, insbesondere hinsichtlich der Ladeinfrastruktur und Reichweite der Fahrzeuge?
Für den klassischen Dienstwagen, der in erster Linie für die tägliche Strecke zwischen Arbeitsplatz und Wohnsitz eingesetzt wird, gibt es praktisch kein Argument, welches gegen den Umstieg auf E-Mobilität spricht. Die ersten Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz sind meist problemlos zu installieren und die Reichweite der am Markt verfügbaren E-Fahrzeuge deckt gewöhnlich die doppelte Strecke zwischen Wohnsitz und Arbeitsplatz ab. Durch den massiven Ausbau öffentlicher Schnellladeinfrastruktur sind die gelegentlich weiteren Fahrten zu Kund*innen heute schon problemlos möglich.
Die Herausforderungen für Anwendungsfälle, bei denen regelmäßig weite Strecken zurückgelegt werden müssen, sind aktuell noch komplexer. Hier gilt es im Unternehmen die Dienstwagenfahrer*innen abzuholen und klassische Vorurteile aus dem Weg zu räumen. So bedarf es zum Beispiel etwas Planungsaufwand vor Fahrtbeginn, um Ladepausen effizient in den Arbeitsalltag einzubinden. Hierfür bietet die EnBW bereits eine dynamische Routenplanung, inkl. Anzeige möglicher Schnellladestationen entlang der Route, über die EnBW mobility+ App an.
Was ist bei der Umstellung eines Fuhrparks die größte Herausforderung für die EnBW als Dienstleister?
Den oder die richtigen Entscheider*innen zu finden. Als Dienstleister gilt es das interdisziplinäre Thema Elektrifizierung des Fuhrparks bei den Kund*innen so zu platzieren, dass sowohl die Fuhrparkleiter*innen als auch das Facility Management oder die Personalabteilung richtig abgeholt und informiert werden und eine Abrechnungs- und Ladeinfrastrukturlösung allen Ansprüchen genügt.
Bei dem Thema Elektromobilität kommen viele Ansprechpartner*innen an einen Tisch, da die Umstellung des Fuhrparks verschiedene Parteien betrifft. Zum einen geht es um eine Ladelösung für die unternehmerische E-Flotte sowie Mitarbeiter*innen und Gäste mit Elektroautos. Zum anderen kann, abhängig von der Anzahl der Ladepunkte und noch frei verfügbaren Stromleistung im Gebäude, eine bauliche Veränderung der Immobilie notwendig sein.
Wie werden die Ladekosten bei den unterschiedlichen Ladeszenarien abgerechnet?
Immer mehr Anbieter ermöglichen einheitlichen Zugang an immer mehr Ladepunkten in Deutschland, DACH und Europa. Bei allem Drang nach noch mehr Ladepunkten im Ladenetz ist aber immer zu beachten, dass nur ein Teil (ca. 20% *) der Ladevorgänge auch im öffentlichen Raum getätigt wird. Für diesen Teil baut u. a. die EnBW eigene Schnellladestandorte, sowie Lademöglichkeiten an Partnerstandorten wie Retailern, an Fernverbindungen und im urbanen Raum auf. Mehr als 5.000 Schnellladepunkte betreibt die EnBW selbst. Bis 2030 möchte die EnBW 30.000 Schnellladepunkte in Deutschland betreiben. Standards sind hierbei wie bei der klassischen Tankkarte auch: Sammelrechnung sowie rechnungsbegleitende Transaktionsdaten im gängigen Format.
Den größeren Teil machen allerdings die Ladevorgänge am Arbeitsplatz und zuhause aus. In der Firma werden die Ladevorgänge in der Regel „genullt“, da nur eine Erfassung und keine Abrechnung notwendig ist. Als Dienstwagenfahrer*in erwarte ich jedoch, dass meine Ladevorgänge über den heimischen Stromanschluss am besten voll erstattet werden. Auch hierfür bietet die EnBW eine individuelle und transparente Kostenrückerstattung an.
Wie verhält es sich mit Fahrzeugen der Mitarbeiter*innen, die privat angeschafft worden sind und den Tag über 8h oder mehr am Betriebshof stehen?
Tatsächlich betreffen Anfragen von Kund*innen, die uns erreichen, oft nur dieses interne Thema. Wie kann man eine Abrechnungslösung schaffen, mit der das Unternehmen so wenig Aufwand wie möglich hat, dennoch aber die Ladeinfrastruktur im Sinne der Mitarbeiter*innen-Bindung bereitstellen kann? Vorab sei erwähnt, dass der Gesetzgeber bis 2030 das Laden am Arbeitsplatz vom geldwerten Vorteil befreit hat.
Auch hierfür gibt es Lösungen am Markt, die den individuellen Stromeinkaufspreis des Unternehmens mit einer kleinen Bearbeitungsgebühr an die Mitarbeiter*innen weiterreichen und gleichzeitig monatlich die geladene Strommenge dem Unternehmen rückerstatten. Die EnBW löst dies mit einer separaten Ladekarte zum Freischalten des Ladevorgangs. Die Mitarbeiter*innen melden sich auf der Webseite von Smatrics an und bekommen den Unternehmenspreis inklusive Bearbeitungsgebühr belastet.
Welche Rolle spielen die politischen Rahmenbedingungen und Förderungen in den verschiedenen Ländern und Regionen?
Dass steuerliche Anreize eine sehr gute Lenkungsfunktion bieten, hat sich in den letzten Jahren gezeigt. Zum Jahreswechsel 2022/23 konnte ein Rückgang von ca. 70.000 Zulassungen von Plug-in-Hybridfahrzeugen (PHEVs) im Dezember auf ca. 27.000 Zulassungen im Januar beobachtet werden, da die Förderung der PHEVs ausgelaufen war. * PHEVs mögen aus klimapolitischer Sicht wenig Lenkungswirkung besitzen. Sie waren jedoch für viele skeptische Dienstwagenfahrer*innen die richtige Einstiegsmöglichkeit in die Elektromobilität. Das für die Fuhrparks allerdings deutlich schmerzhaftere Förderungsende fand zum 1. September 2023 statt. Seitdem werden in Deutschland keine gewerblich genutzten, batterieelektrischen Fahrzeuge mehr gefördert. Auch hier waren Veränderungen in den Auswertungen der Folgemonate spürbar. Die Zulassungen sanken von ca. 87.000 im August auf lediglich 32.000 neu zugelassene BEVs im September, sind aber gerade wieder dabei, sich zu erholen. *
Um die gewünschte Transformation zur Elektromobilität zu erreichen, ist die Politik gefordert, für die Errichtung der nichtöffentlichen Ladeinfrastruktur weitere Anreize zu schaffen und bürokratische Anforderungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Förderprogramme, wie das KfW Programm 442 „Solarstrom für Elektroautos“, sind teilweise innerhalb weniger Stunden ausgeschöpft. Auch die Förderung zum Ausbau der Schnellladeinfrastruktur für PKW und LKW im Unternehmen wurde nach einer Laufzeit von knapp 2 Monaten, aufgrund der hohen Nachfrage, bereits eingestellt. Man spürt also, dass Nachfrage und Bedarf zur Anschubfinanzierung lokaler, emissionsfreier Mobilität vorhanden sind.
Welche Rolle spielen Ladekarten im Flottenmarkt und wie ist die EnBW hier aufgestellt?
Ladekarten spielen eine große Rolle. Wie die Dataforce Tank- und Ladekarten Studie 2023 feststellt, nutzen derzeit 60% der E-Flotten ab 5 Fahrzeugen Ladekarten. Laut der Studie gehört die EnBW als bester E-Mobilitätsanbieter Deutschlands im Flottengeschäft zu den Top Ladekarten-Anbietern Deutschlands und belegt den zweiten Platz. Im Klein-Flottengeschäft, bei unter 50 Fahrzeugen pro Flotte, kann sich die EnBW sogar als größter Ladekarten-Anbieter in Deutschland positionieren. Damit hat die EnBW es geschafft, sich als einziger reiner Ladekartenanbieter im Feld der großen Player der Tankkartenwelt zu positionieren. *
Viele setzen beim Laden der Elektrofahrzeuge allerdings auch auf Apps. Bereits 75% der Ladekarten-Nutzenden setzen zusätzlich zur Ladekarte auf Apps. * Die EnBW mobility+ App wurde im Dezember 2023 von Computerbild als Testsieger unter den Lade-Apps ausgezeichnet. Sie konnte vor allem durch ihre gute Bedienbarkeit und die hervorragenden Filterfunktionen überzeugen.
Was bringt die Zukunft für das Flottengeschäft?
Mehr elektrische Fahrzeuge und mehr Vernetzung. Der Weg ist angesichts der deutlichen Signale der Hersteller aus Asien sowie der dortigen Zulassungszahlen klar vorgezeichnet. Auch hierzulande schlagen immer mehr Hersteller diesen klaren Weg in die Elektromobilität ein. Erste Städte in Europa, angefangen in den Niederlanden, werden den inneren Stadtbereich für Verbrenner schließen. Wer Waren dorthin liefern will, wird mindestens aus diesem Grund auf elektrische Fahrzeuge umstellen müssen.
Mehr Vernetzung bedeutet, dass die Kommunikation zwischen Ladepunkten und Fahrzeugen, zwischen der Ladeinfrastruktur untereinander sowie die Kommunikation mit dem Stromnetz zukünftig verstärkt wird. Somit sind Einsparungen möglich, indem ein Auto nicht automatisch lädt, weil es am Ladepunkt steckt, sondern dann lädt, wenn der Storm im Netz günstiger ist. Dies ist besonders wichtig in Bezug auf das Lastmanagement – Stichwort V2X. Das bedeutet, dass das Elektroauto als Speicher am Netz fungiert und durch bidirektionales Laden netzdienliche Leistungen erbringen kann. Je nach Bedarf wird also entweder das Auto geladen oder der Strom zurück ins Gebäude oder das Netz geleitet.
Natürlich sind Fahrzeuge in der Flotte in erster Linie Betriebsmittel. Aber auch diese stehen die meiste Zeit des Tages an einem Ort. Ob zuhause, am Arbeitsplatz, beim Kunden oder an einer öffentlichen Ladestation. Der sensible Umgang mit Ladedaten, Ladeorten und dem Bewegungsprofil ist die größte Verantwortung, die wir als Abrechnungsdienstleister an dieser Stelle haben.
*Quelle: Dataforce Tank- und Ladekartenstudie 2023 (www.dataforce.de)