Wie Unternehmen einen effizienten Umstieg schaffen und eine moderne sowie umweltfreundliche Flotte aufbauen.
Ein Fachbeitrag von Mobilitätsexperte Alexander Schuh
Die Mobilitätswelt erlebt einen tiefgreifenden Wandel: Lieferketten sind noch nicht auf Vor-Corona-Niveau, Fusionen beeinflussen den Wettbewerb und neue Marktteilnehmer (bspw. OEM, Dienstleister) steigern die Dynamik im Flottenmarkt. Gleichzeitig verschärfen Umweltauflagen wie CSRD-Reporting und Umweltberichte die Anforderungen. In dieser Dynamik stehen Unternehmen zusätzlich vor der Herausforderung, E-Mobilität in ihre Fuhrparks zu integrieren, um CO2-Ziele zu erreichen. Die unaufhaltsame Durchsetzung der Elektromobilität, wie diverse Studien zeigen, erfordert von Unternehmen mit Firmenflotten eine sorgfältige Planung und strategische Entscheidungen. Hierbei sind mehrere Schritte zu beachten, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
1. Ist-Situation verstehen
Bevor Unternehmen die E-Mobilität einführen, sollten sie ihre aktuelle Situation analysieren. Das Verständnis der Vollkosten (TCO) und der betrieblichen Prozesse ist entscheidend. Bestenfalls wurden alle notwendigen Optimierungen im Fuhrpark bereits umgesetzt, um den kommenden Herausforderungen und der damit einhergehenden höheren Komplexität gewachsen zu sein.
2. Ziele definieren
Die Festlegung klarer Ziele ist ein wichtiger Schritt und führt zu unterschiedlichen Vorgehensweisen: Der Wunsch nach einer schnellen Einführung aufgrund der Vorgaben für mögliche CO2-Limits oder die Attraktivierung neuer und bestehender Mitarbeiter: innen bedeutet häufig eine Incentivierung seitens des Arbeitgebers z. B. durch ein höheres Budget für ein E-Auto oder die Finanzierung einer Wallbox bei Mitarbeiter:innen zu Hause. Wer nur mitgehen möchte, ohne bspw. besondere Anreize (bspw. Bonus-Malus-System) für E-Mobilität zu schaffen, wird ein langsameres Anwachsen von E- Autos in seiner Flotte haben.
3. Die richtigen Modelle finden
Die Auswahl geeigneter Elektrofahrzeuge erfordert eine gründliche Analyse von Laufleistung, Händlernetzwerk, Verbrauch und Kosten. Eine Longlist der relevanten und interessanten Modelle kann im Rahmen einer Marktanalyse, bspw. durch eine Ausschreibung, evaluiert werden. Dies bietet nicht nur die Möglichkeit, die eigene Leasinggesellschaft zu überprüfen, sondern auch Einblick in den Wettbewerb und dessen Preisstruktur zu gewinnen. Aktuelle Erfahrungen zeigen ein stark differenziertes Preisgefälle für Elektrofahrzeuge bei Leasinggesellschaften. Vergleiche sollten alle Antriebsformen (u. a. Verbrenner, BEV, PHEV) miteinander evaluieren, und zwar unter der Berücksichtigung aller relevanten Kostenbestandteile im Sinne des TCO-Ansatzes.
4. Ladekonzept erstellen
Die Erstellung eines durchdachten Ladekonzepts ist unerlässlich für den Erfolg der Elektromobilität. Das Konzept besteht aus den 3 Säulen des Ladens am Arbeitsplatz (@work), Laden zu Hause (@home) und Laden unterwegs (@public).
Die Integration von Ladestationen am Arbeitsplatz ist ein wesentlicher Bestandteil. Der bezogene Strom des Unternehmens bietet in der Regel den kostengünstigsten kWh-Preis. Bei der Planung hinsichtlich Anzahl sollten nicht nur die aktuellen, sondern auch zukünftige Bedürfnisse berücksichtigt werden, um unnötige Nachrüstungen zu vermeiden. Die Priorisierung der Nutzer (Firmenwagenfahrer, Mitarbeiter mit privaten Elektroautos, Besucher oder sogar die Öffentlichkeit) erfordert klare Regelungen. Die Verrechnung der Kosten und der Umgang mit geldwerten Vorteilen müssen rechtssicher sowie transparent gestaltet werden.
Die Einbindung von Wallboxen bei Mitarbeiter:innen zu Hause ist ebenfalls kostentechnisch sinnvoll, da der Strom im Vergleich zu öffentlichen Stationen in der Regel günstiger ist. Es ist zu klären, ob die Einbindung des Ladens @home ein Muss-Kriterium ist, da je nach Firmensitz und Standort auch ein großer Teil der Mitarbeiter:innen keine Möglichkeit zur Installation einer Wallbox hat (Miete etc.). Die generelle Klärung, wer die Wallbox finanziert, und die Erstattung der Mitarbeiterkosten sind weitere wesentliche Aspekte des Ladekonzepts.
Für das Laden unterwegs können Unternehmen klare Vorgaben treffen: Die Nutzung von Schnellladestationen könnte beispielsweise limitiert oder verboten werden, da sie einerseits teurer ist, andererseits bei häufiger Nutzung die Lebensdauer der Akkus beeinträchtigt wird. Die Auswahl des richtigen Anbieters ist zudem entscheidend. Die schnellste Lösung bietet meist die Erweiterung der bereits bestehenden Tankkarten um den Service des Ladens. Für ein langfristig passendes Konzept wird allerdings empfohlen, den Markt hinsichtlich Abdeckung, Kosten, Qualität und Service zu evaluieren (unter Umständen ist der Anbieter für Tankkarten ideal, jedoch im Bereich Laden nicht perfekt aufgestellt). Hinsichtlich Abdeckung sind die Unterschiede nicht mehr groß.
5. Mitarbeiter:innen, Stakeholder und Information
Die Einbindung der Mitarbeiter:innen (evtl. auch des Betriebsrats) und anderer Stakeholder ist entscheidend für den Erfolg. Sei es rein zu Informationszwecken oder auch als Partner im Projekt. Eine Stakeholder-Map hilft dabei, die wesentlichen Stakeholder zu identifizieren.
Die Einbindung der Mitarbeiter:innen kann bspw. durch Befragungen und/oder im Rahmen eines Pilotprojekts zur testweisen Nutzung für E- Fahrzeuge geschehen.
Generell sollten die Veränderungen in der Policy, möglicherweise angepasste Budgets und Informationen zu den Fahrzeugen deutlich kommuniziert werden. Neben den bekannten Kanälen zur Veröffentlichung von Neuerungen können zusätzlich offene gemeinsame/individuelle Fragerunden oder anderweitiges Informationsmaterial (bspw. FAQs, Videos) angeboten werden.
FAZIT
Die Integration eines umfassenden E-Mobilitätskonzepts in die Unternehmensstrategie ermöglicht nicht nur eine nachhaltige Mobilität, sondern positioniert das Unternehmen in einem dynamischen Marktumfeld. Die rechtzeitige Klärung grundlegender Aspekte ist entscheidend, um finanzielle Ressourcen nicht unnötig zu beanspruchen. Die Einbindung externer Beratungsdienste bietet eine effektive Möglichkeit, interne Ressourcen zu schonen und gleichzeitig von Experten-Know-how zu profitieren. Diese präventiven Maßnahmen helfen, eine effiziente und kosteneffektive Implementierung der Elektromobilität sicherzustellen.